Currarino-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Currarino-Syndrom ist eine symptomatische Triade aus anorektalen und sakralen Anomalien mit präsakralen Raumforderungen. Das Syndrom ist eine Erberkrankung, die häufig mit einer Mutation des MNX1-Gens zusammenhängt und durch eine fehlerhafte Trennung von Ento- und Neuroektoderm verursacht wird. Kausale Therapien existieren nicht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Currarino-Syndrom?

Das Currarino-Syndrom ist von einem triadischen Komplex aus klinischen Symptomen und Charakteristika geprägt. Zu den wichtigsten klinischen Kriterien zählt zum Beispiel die anorektale Anomalie.
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Der medizinische Begriff der Triade bezeichnet eine Dreierkombination aus Symptomen. Das Curranino-Syndrom ist eine solche Triade aus Symptomen und geht mit anorektal sakralen Fehlbildung und einer präsakralen Raumforderung einher. Der Symptomkomplex zählt zu den angeborenen Fehlbildungssyndromen und wird wegen seiner triadischen Basis auch Curranino-Triade genannt.

Ein weiteres Synonym ist der Begriff der ASP-Assoziation, der auf die symptomatisch betroffenen Strukturen anoraktal, sakral und präsakral verweist. Zu Anfang des 20. Jahrhundert beschrieb der US-amerikanischen Chirurg R. L. J. Kennedy den Symptomtrias zuerst.

Die Triade des Krankheitsbilds wurde am Ende desselben Jahrhunderts vom Kinderradiologen G. Currarino wieder aufgegriffen. Er hat dem Syndrom den Namen gegeben. Die Prävalenz der Erkrankung liegt zwischen einem und neun Fällen auf 100 000 Menschen. Das häufigste Manifestationsalter ist die frühe Kindheit.

Ursachen

Die Ursache des Currarino-Syndroms ist eine genetische. In 70 Prozent der Fälle tritt die Erkrankung nicht sporadisch auf, sondern wird mit familiärer Häufung beobachtet. Die Vererbung erfolgt in diesen Fällen autosomal-dominant. Ätiologisch liegt dem Syndrom eine fehlerhafte Trennung von Entoderm und Neuroektoderm zugrunde, die während der Embryonalphase geschieht. Die Erkrankung wird als heterogen eingeschätzt.

Für die fehlerhafte Trennung der embryonalen Strukturen sind in vielen Fällen Mutationen verantwortlich. Oft handelt es sich bei diesen Mutationen um solche im MNX1-Gen auf Gen-Locus 7q36.3. Dieses Gen codiert für ein nukleares Protein, das sogenannte HB9. Dieses Protein ist für die Aktivität Bauchspeicheldrüse und verschiedene Gehirnstrukturen unersetzlich. Mit der Mutation ist das Protein defekt und wird seinen Aufgaben nicht mehr gerecht.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Currarino-Syndrom ist von einem triadischen Komplex aus klinischen Symptomen und Charakteristika geprägt. Zu den wichtigsten klinischen Kriterien zählt zum Beispiel die anorektale Anomalie. Neben einer Stenose kann als Anomalie in diesem Bereich zum Beispiel eine Atresie oder eine Fistel vorliegen. Das Kreuzbein am Rücken der Betroffenen ist außerdem von knöchern sakralen Defekten betroffen.

In ventraler Anordnung zum Kreuzbein liegen Raumforderungen. Bei diesen Raumforderungen kann es sich um Meningozele handeln. Auch Teratome sind denkbare Symptome. In Einzelfällen wurden als Raumforderungen auch enterale Zysten identifiziert. In den meisten Fällen tritt zusätzlich eine Anomalie des Steißbeins auf. Oft sind einzelne Bereiche des Knochens überhaupt nicht angelegt. Bei dieser Erscheinung ist von einer partiellen Agenesie die Rede, zu der ventral die jeweilige Raumforderung liegt.

Der erste Wirbel des Kreuzbeins ist in den meisten Fällen nicht von der Raumforderung betroffen. In fast allen Fällen manifestieren sich die Symptome der Erkrankung unmittelbar nach der Geburt. Zusätzlich zu den genannten Symptomen liegt bei rund 50 Prozent der Betroffenen eine Fehlbildung des Rückenmarks vor, die auf den ersten Blick nicht erkennbar ist und als Folge einer gestörten Neuralohrbildung eintritt. Außerdem kann chronische Verstopfung vorliegen.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose auf das Currarino-Syndrom wird meist schon im frühen Säuglingsalter gestellt. In den meisten Fällen wird die Sonographie als primäres Diagnostikinstrument herangezogen. Molekulargenetische Analysen können in der Diagnostik unter Umständen eine Mutation des MNX1-Gens belegen. Da diese Mutation aber längst nicht bei allen Patienten vorliegt, ist sie kein zwingendes Diagnosekriterium.

Falls sie allerdings bewiesen werden kann, gilt die Diagnose als gesichert. Die sonographischen Befunde geben dem Arzt in der Regel den ersten Verdacht auf das Syndrom. Dieser Verdacht erhärtet sich mit Röntgenaufnahmen oder Bildgebungen wie der Kernspintomographie. Das Röntgenbild von Patienten der Currarino-Triade zeigt ein sichelartiges Rest-Sakrum, das als „Scimitar-Zeichen“ bezeichnet wird.

Kernspintomographisch zeigt die Hälfte der Betroffenen eine gut versteckte Spinaldysraphie. Wenn derartige Fehlbildungen des Rückenmarks vorliegen, ist eine weiterführende Untersuchung des Tethered cords angezeigt. Abhängig von der Ausprägung des Syndroms sind einige Patienten unter Umständen bis ins Erwachsenenalter symptomlos und werden aus diesem Grund erst spät diagnostiziert. Die Schwere der Fehlbildungen bestimmt die Prognose im Einzelfall.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In der Regel muss beim Currarino-Syndrom dann ein Arzt aufgesucht werden, wenn der Betroffene an der Bildung von Fisteln leidet. Auch an den Knochen kann es zu Defekten kommen, die allerdings nicht in jedem Fall angeboren sind. Falls das Currarino-Syndrom diagnostiziert wird, ist der Patient in den meisten Fällen auf regelmäßige Untersuchungen in seinem Leben angewiesen. Auch Anomalien am Steißbein können auf diesen Defekt hinweisen und sollten schon im frühen Kindesalter untersucht werden.

Vor allem bei Schmerzen oder Einschränkungen im Alltag ist eine ärztliche Untersuchung und Behandlung notwendig. Weiterhin leiden viele Betroffene an Verstopfung, sodass ebenfalls eine ärztliche Untersuchung durchgeführt werden muss. In der Regel kann das Syndrom durch einen Kinderarzt diagnostiziert werden.

Die Behandlung erfolgt dann durch verschiedene operative Eingriffe. Weiterhin muss sich der Betroffene auch regelmäßig untersuchen lassen. Sollte der Patient aufgrund der Anomalien und Fehlbildungen auch an psychischen Beschwerden leiden, so sollte auch eine psychologische Behandlung eingeleitet werden.

Behandlung & Therapie

Eine kausale Therapie existiert für Patienten des Currarino-Syndroms nicht. Gentherapien sind bislang nicht anwendbar. Da sie aktuell Gegenstand der Forschung sind, ist eine kausale Behandlung in Zukunft unter Umständen aber vorstellbar. Bis zur Anwendbarkeit einer kausalen Therapie erfolgt die Behandlung der Symptom-Triade ausschließlich symptomatisch. Diese symptomatische Therapie beinhaltet vor allem eine Korrektur der Fehlbildungen.

Die Korrekturmaßnahmen entsprechen in aller Regel chirurgischen Interventionen. Die chirurgische Behandlung der Analatresien kann zum Beispiel direkt nach der Geburt erfolgen. Das ist vor allem dann angezeigt, wenn diese Symptome mit schweren Verstopfungen vergesellschaftet sind. Eine chirurgische Intervention muss auch bezüglich der Raumforderungen stattfinden. Bei dieser Intervention handelt es sich um eine operative Resektion.

Der indizierte Zeitpunkt für eine solche Behandlungsmaßnahme steht in Abhängigkeit von der Größe und der Art der Raumforderung im Einzelfall. Die knöchern sakralen Defekte des Kreuzbeins lassen sich in einigen Fällen nicht oder nur teilweise korrigieren. Bei Agnesien des Steißbeins kann die symptomatische Behandlung des Syndroms zusätzlich rekonstruktiv chirurgische Eingriffe beinhalten. Die Dringlichkeit von Eingriffen hängt im Grunde für alle Symptome des Currarino-Syndroms von der Schwere der Triade und damit vom Einzelfall ab.

Aussicht & Prognose

Da es sich beim Currarino-Syndrom um eine genetische Erkrankung handelt, kann diese nicht kausal und ursächlich behandelt werden. Aus diesem Grund können nur die einzelnen Symptome eingeschränkt werden, wobei eine vollständige Heilung nicht erreicht werden kann.

Mit Hilfe chirurgischer Eingriffe können viele Beschwerden gelindert werden. Sie erfolgen dabei schon unmittelbar nach der Geburt und behandeln damit die Analtresien. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf und es kommt in der Regel zu einer Heilung dieser Beschwerde.

Dadurch werden auch mögliche Verstopfungen oder andere Beschwerden im Bereich des Bauches und des Magens gelindert. Die Beschwerden und Fehlbildungen am Kreuzbein können allerdings nicht vollständig gelindert werden. Auch hierbei sind operative Eingriffe notwendig, wobei die Korrekturen nur teilweise erfolgen können. Der weitere Verlauf hängt damit auch sehr stark von der genauen Ausprägung der Beschwerden ab.

Sollten die Symptome des Currarino-Syndroms allerdings nicht behandelt werden, so kommt es zu schweren Einschränkungen im Alltag und ebenfalls zu Bewegungseinschränkungen beim Patienten. In einigen Fällen kann das Currarino-Syndrom auch die mentale Entwicklung des Kindes negativ beeinträchtigen, sodass das Kind und die Eltern auch eine psychologische Behandlung angewiesen sind.


Vorbeugung

Bislang sind die Faktoren nicht abschließend geklärt, die die gestörte Trennung von Ento- und Neuroektoderm begünstigen. Aus diesem Grund stehen zur Vorbeugung des Currarino-Syndroms derzeit keine spezifischen Maßnahmen zur Verfügung.

Nachsorge

Da es sich beim Currarino-Syndrom um eine erblich bedingte Krankheit handelt, stehen dem Betroffenen in den meisten Fällen nur sehr wenige oder sogar gar keine besonderen Möglichkeiten und Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Die Krankheit kann dabei auch nicht vollständig behandelt werden. Sollte es beim Patienten zu einem Kinderwunsch kommen, so kann auch eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das erneute Auftreten des Currarino-Syndroms zu verhindern.

Eine frühzeitige Erkennung der Krankheit wirkt sich dabei immer sehr positiv auf den weiteren Verlauf aus. Daher ist schon bei den ersten Beschwerden und Anzeichen der Erkrankung ein Arzt zu kontaktieren. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt dabei in erster Linie durch die Behandlung der verschiedenen Fehlbildungen.

Dabei sind meist operative Eingriffe notwendig, wobei sich der Betroffene nach einem solchen Eingriff auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper schonen sollte. Da sich nicht alle Beschwerden korrigieren lassen, sind einige Patienten auf die Hilfe und die Pflege durch die eigene Familie oder Freunde angewiesen. Dabei wirken sich auch intensive Gespräche mit den Betroffenen positiv auf den Verlauf des Currarino-Syndroms aus und können dabei auch psychische Verstimmungen oder Depressionen verhindern.

Das können Sie selbst tun

Das Currarino-Syndrom resultiert aus einem genetischen Defekt, der vererbbar ist. Es gibt weder schulmedizinische noch alternative Heilverfahren, die darauf gerichtet sind das Syndrom ursächlich zu therapieren. Behandelbar sind lediglich die Symptome. In der Regel sind hierzu chirurgische Eingriffe erforderlich, die der Patient allenfalls indirekt unterstützen kann.

Personen in deren Familien das Currarino-Syndrom bereits einmal aufgetreten ist, können sich vor der Familiengründung genetisch beraten lassen.

Das Currarino-Syndrom wird in aller Regel bereits im Kleinkindalter diagnostiziert. Viele betroffene Kinder haben bereits vor dem zehnten Lebensjahr mehr als ein Dutzend Operationen hinter sich. Das ist nicht nur körperlich enorm anstrengend. Häufig leidet auch die geistige Entwicklung des Kindes, obwohl keine mentale Retardierung vorliegt.

Die Kinder können sich allein aufgrund der zahlreichen medizinischen Eingriffe nicht altersgerecht entwickeln. Eltern können diesem Umstand aber mit einer gezielten Frühförderung entgegenwirken. Darüber hinaus sollte frühzeitig eine Schule gesucht werden, die dem Kind trotz ständiger krankheitsbedingter Absenzen die Teilnahme am Unterricht ermöglicht.

Ab einem gewissen Alter leiden die betroffenen Kinder zudem nicht nur körperlich, sondern auch seelisch stark. Dies gilt insbesondere wenn Symptome, wie etwa Inkontinenz, auftreten, die den Umgang mit Gleichaltrigen zusätzlich erschweren. Eltern sollten frühzeitig einen Kinderpsychologen zuziehen und sich auch selbst Unterstützung, zum Beispiel durch Mitgliedschaft in einer Selbsthilfegruppe, suchen.

Quellen

  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Spornitz, U. M.: Anatomie und Physiologie. Springer Medizin Verlag, Berlin Heidelberg 2004
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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