Crossing-Over

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Crossing-Over

Das Crossing-Over ist der Austausch von mütterlichen und väterlichen Chromosomen, wie er in der Prophase der Meiose stattfindet. Dieser Stückaustausch ermöglicht die Merkmalsvielfalt von Nachwuchs. Fehler beim Crossing-Over rufen Erkrankungen wie etwa das Wolf-Hirschhorn-Syndrom hervor.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Crossing-Over?

Das Crossing-Over ist der Austausch von mütterlichen und väterlichen Chromosomen, wie er in der Prophase der Meiose stattfindet.

Als Crossing-Over bezeichnet die Genetik die chromosomale Überkreuzung. Während dieses Prozesses findet ein Stückaustausch von den mütterlichen und väterlichen Chromosomen statt.

Chromosome enthalten DNA, die in Proteinen verpackt ist. Somit setzt sich während des Crossing-Overs die DNA des Nachwuchses aus dem Erbmaterial beider Elternteile zusammen. Dieser Schritt ist ein Teil der Meiose, die auch als Reifeteilung bekannt ist. Dem voraus geht ein Bruch in den DNA-Strängen, der durch Enzyme verursache wird.

Das Crossing-Over findet während der Prophase eins der Meiose statt und erfolgt im synaptonemalen Komplex. Dabei handelt es sich um eine Struktur aus Proteinen, DNA und RNA. Lichtmikroskopisch lassen sich mit dem Crossing-Over Überkreuzungen von je zwei Chromatiden beobachten.

Die Rekombination des Crossing-Over wird auch als intrachromosomale Rekombination bezeichnet. Sie folgt auf die interchromosomale Rekombination, bei der eine zufällige Anordnung von väterlichen und mütterlichen Gameten zu Zygoten entsteht.

Funktion & Aufgabe

Die Genetik unterscheidet zwischen Mitose und Meiose. Die Mitose wird auch als einfache Zellteilung bezeichnet. Die väterlichen und mütterlichen Chromosmenpaare werden während diesem Prozess verdoppelt und auf Tochterzellen verteilt. Das heißt, dass jedem der beiden Hälften nach der einfachen Teilung ein homologer Partner zugeteilt wird. So besitzen die Tochterzellen wieder den doppelten Chromosomensatz der ursprünglichen Zellen. Sozusagen verdoppelt sich bei der Mitose die DNA.

Die Meiose ist damit verglichen die Reifeteilung, bei der die Keimzellen entstehen. Im ersten Schritt der Meiose werden die paarigen Genkopien nochmals verdoppelt. Ein vierfacher Genkopieersatz entsteht. Alle vorhandenen Chromosomen liegen so in je zwei Chromatiden vor, also in DNA-Doppelsträngen inklusive der zugehörigen Proteine. Mit dem Prozess der DNA-Verdopplung geht die Rekombination einher. Allele werden ausgetauscht und das genetische Material erfährt eine neue Anordnung.

Diese neue Anordnung während der interchromosomalen Rekombiation ist dem Zufall überlassen. Während der Prophase eins lagern sich die einander entsprechenden Chromosome von Mutter und Vater also zunächst zufällig aneinander an. Diese Anlagerung wird auch als Zygotän bezeichnet und ergibt den synaptonemalen Komplex aus Proteinen, DNA und RNA.

Auf das Zygotän folgt eine Phase der Paarung, die auch als Pachytän bezeichnet wird. Die so generierte Struktur heißt wegen der Verdopplung der Chromosome bivalent. Zuweilen ist auch von einer Tetrade die Rede, da jetzt jeweils vier Chromatiden vorliegen.

Spezielle Enzyme generieren schließlich einen Bruch der DNA-Stränge. Dieser Bruch findet jeweils dort statt, wo sich die einzelnen Chromatiden überlappen. Die intrachomosomale Rekombination setzt die Bruchstellen der Chromosome jetzt jeweils über Kreuz zusammen. Daher ist bei diesem Prozess auch von chromosomaler Überkreuzung die Rede.

Beim Crossing-Over findet also ein Austausch von ganzen Chromosomenbereichen zwischen zwei verschiedenen Chromosomen statt. Ohne das Crossing-Over können für den Nachwuchs keine neuen Merkmalskombinationen entstehen. Die Rekombination ist erst die Basis für Anpassungserscheinungen an veränderte Umweltbedingungen. Damit ist intrachromosomale Rekombination ein wichtiger Bestandteil der Evolution.

Auf die Meiose und das intrachromosomale Crossing-Over folgt die Mitose.


Krankheiten & Beschwerden

Fehler beim Crossing-Over sind ein bedeutender Faktor für Erkrankungen. Wenn sich bei der Tetradenbildung zum Beispiel zwei Chromosomensequenzen sehr ähnlich sind, dann werden diese Sequenzen unter Umständen übereinander gelagert, obwohl sie nicht homolog sind. Die Rede ist dann von inäqualem Crossing-Over. Bei diesem Phänomen geht oft ein Strang verloren und ein anderer verdoppelt sich. Die Rede ist in diesem Zusammenhang auch von Deletion und Duplikation.

Manche Fehler im Crossing-Over haben keinen Krankheitswert, andere ergeben jedoch Kombinationen, die nicht überlebensfähige Menschen hervorbringen. In weiteren Fällen ist die Überlebensfähigkeit wiederum gegeben, aber Krankheitswert ist mit dem fehlerhaften Crossing-Over verbunden.

Krankheiten in Zusammenhang mit dem Crossing-Over sind entweder Chromosomenaberrationen oder Chromosomendysplasien. In einer Folge solcher Aberrationen oder Dysplasien können zum Beispiel angeborene Erkrankungen wie Chorea Huntington entstehen.

Bei Chorea Huntington handelt es sich um eine erbliche Erkrankung des Gehirns, die gestörte Affekte, Kontrollverluste über die Muskulatur, Wahnvorstellungen und Demenz oder kognitive Störungen verursacht. Die Krankheit geht auf eine unnatürlich hohe Aneinanderreihung von Glutamin-Resten zurück, die von bestimmten Genen codiert werden.

Auch das Cri-du-chat-Syndrom geht auf einen Fehler beim Crossing-Over zurück. Diese Erkrankung ist ein Beispiel für eine Erbkrankheit in Folge einer Deletion. Hierbei wird der kurze Arm des Chromosom fünf gelöscht. Die Betroffenen sind geistig beeinträchtigt und stoßen ungewohnte Laute aus. Oft weisen sie einen sehr kleinen Kopf und weit auseinander liegende Augen auf.

Auch das Wolf-Hirschhorn-Syndrom wird durch einen Fehler beim Crossing-Over verursacht. In diesem Fall geht ein Teil des kurzen Arms von Chromosom vier verloren. In Folge dessen treten schwere geistige Behinderungen und Wachstumsstörungen ein.

Eine weniger schwerwiegende Erkrankung durch Fehler beim Crossing-Over ist die Rot-Grün-Sehschwäche. Bei dieser Krankheit fehlen durch die fehlerhafte Rekombination Gene für bestimmte Lichtempfindlichkeiten. Der Betroffene kann die Farben des entsprechenden Lichtbereichs also nicht wahrnehmen. Diese Erscheinung wird im X-chromosomal rezessiven Erbgang weitergegeben.

Quellen

  • Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
  • Moog, U., et al.: Medizinische Genetik für die Praxis. Thieme, Stuttgart 2014
  • Passarge, B.: Taschenatlas Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2008

Das könnte Sie auch interessieren