Bethanechol

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Fehlfunktionen der Harnblase können zu einem übersteigerten Harndrang und zu der gefürchteten Inkontinenz führen. Doch auch eine Lähmung der Harnfunktion ist möglich. Der Patient empfindet dann keinen Harndrang und verspürt keine Notwendigkeit, die Blase zu entleeren. Solche Probleme können nach Operationen auftreten, sie können aber auch durch akute Erkrankungen verursacht sein. In schwerwiegenden Fällen kann Bethanechol ein Mittel sein, das Linderung verschafft.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Bethanechol?

Bethanechol ist ein Arzneistoff und wird vorrangig bei bestimmten Blasenerkrankungen angewandt.

Bethanechol ist ein Arzneistoff und wird vorrangig bei bestimmten Blasenerkrankungen angewandt. Dazu gehört vor allem die sogenannte neurogene Blase. Eine gesunde Harnblase speichert den Urin und entleert sich koordiniert und kontrolliert.

Gesteuert wird diese Koordination durch das zentrale Nervensystem. Ist diese Funktion des Nervensystems gestört, spricht man von einer neurogenen Blase. Bethanechol wirkt auf das zentrale Nervensystem und auf den Parasympathikus, welcher ein Teil des Nervensystems ist.

Der Wirkstoff soll die Wirkung des Parasympathikus verstärken und die Funktion einer gesunden Harnblase unterstützen. Auch bei einer Blasenatonie kann Bethanechol eingesetzt werden.

Die Blasenatonie ist eine Lähmung der Harnblasenwand, die durch eine akute Erkrankung des zentralen Nervensystems verursacht wurde. Der Patient verspürt dann auch bei voller Harnblase keinen Harndrang. Eine solche akute Erkrankung kann beispielsweise eine Querschnittslähmung sein.

Pharmakologische Wirkung

Bethanechol wirkt auf den Parasympathikus und unterstützt die Funktion einer gesunden Harnblase. Die Blase wird über Muskeln und Nerven des Harnsystems gesteuert. Dabei tragen Nerven Reize von der Blase zum Gehirn und von dort zu den Muskeln der Harnblase. Diese Muskeln sorgen für eine Anspannung oder eine Entspannung, was die Entleerung der Blase einleitet.

Pharmakologisch betrachtet erhöht Bethanechol die Spannung des Harnblasenmuskels, des sogenannten Detrusors. Dadurch steigt der Fülldruck der Blase, es entsteht eine geringere Blasenkapazität. In der Harnblase erhöht sich der Druck, sich zu entleeren.

Somit führt Bethanechol zu einer gesteigerten Entleerung der Blase, wenn diese Funktion durch eine neurogene oder eine akute Erkrankung gestört ist und nicht mehr in der gewohnten Art reagiert und sich entleert. Zusätzlich zur Kontraktion der Harnblase kann sich auch die Harnröhre zusammenziehen, wenn Bethanechol in einer sehr hohen Dosis verabreicht wird.

Allerdings wirkt Bethanechol nicht nur auf die Blase, sondern auf die gesamte Aktivität der Verdauungsdrüsen. Dadurch wird der Transport der Nahrung durch den Verdauungsapparat beschleunigt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Bethanechol wird angewandt bei Erkrankungen, die eine Stimulation des Blasenmuskels erforderlich machen. Dazu gehört unter anderen die Unfähigkeit der Blasenentleerung nach einer Operation aufgrund einer Lähmung des Harnblasenmuskels.

Diese Lähmung kann ebenfalls durch eine schwerwiegende akute Erkrankung wie eine Querschnittslähmung verursacht sein. Auch eine neurogene Störung des Detrusors kann eine Verabreichung von Bethanechol erforderlich machen. Nicht zulässig ist Bethanechol bei einer drohenden oder bei einer akuten Verstopfung.

Der Wirkstoff wird in Tablettenform verabreicht. Diese Medikamente sind verschreibungspflichtig und dürfen nur nach Anweisung des Arztes sowie unter ärztlicher Beobachtung eingenommen werden. Bethanechol kann nur oral eingenommen werden, eine langsame und kontinuierliche Steigerung der Dosierung ist möglich, wenn der Arzt dies für erforderlich hält. Allerdings ist die Einnahme mit potenziellen Nebenwirkungen behaftet, die in jedem Fall zu beobachten sind.


Verabreichung und Dosierung

Bethanechol ist ein Parasympathomimetikum, das hauptsächlich zur Behandlung von Harnretention und bestimmten Fällen von Magen-Darm-Trägheit eingesetzt wird. Es wirkt, indem es die glatte Muskulatur stimuliert, insbesondere im Bereich der Blase und des Gastrointestinaltrakts. Bei der Verabreichung und Dosierung von Bethanechol sind spezifische Überlegungen zu beachten, um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten.

Dosierung: Die Dosierung von Bethanechol muss individuell angepasst werden, basierend auf dem spezifischen Zustand des Patienten, seiner Reaktion auf das Medikament und der Verträglichkeit. Die übliche Anfangsdosis für Erwachsene zur Behandlung von Harnretention liegt zwischen 10 mg und 50 mg drei- bis viermal täglich. Es ist wichtig, mit einer niedrigen Dosis zu beginnen und diese schrittweise anzupassen, um Nebenwirkungen zu minimieren.

Verabreichung: Bethanechol sollte auf nüchternen Magen verabreicht werden, mindestens eine Stunde vor oder zwei Stunden nach den Mahlzeiten, um die Absorption zu optimieren und gastrointestinale Beschwerden zu vermeiden.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen: Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen, wie z.B. Asthma, Epilepsie, Parkinson-Krankheit, Hyperthyreose, peptischen Ulzera oder Blasenobstruktion, sollten Bethanechol mit Vorsicht verwenden oder ganz meiden. Die ärztliche Überwachung ist in solchen Fällen unerlässlich, um potenzielle Risiken zu minimieren.

Nebenwirkungen: Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören Schwitzen, Speichelfluss, Magenkrämpfe, Durchfall und ein Gefühl der Dringlichkeit beim Wasserlassen. Bei Auftreten von schweren Nebenwirkungen sollte sofort ein Arzt konsultiert werden.

Überwachung: Patienten unter Bethanechol-Therapie sollten regelmäßig überwacht werden, insbesondere hinsichtlich ihrer Symptome, der Harnfunktion und auf Anzeichen von Nebenwirkungen.

Eine sorgfältige Abwägung durch den behandelnden Arzt ist erforderlich, um die geeignete Dosierung und Anwendung von Bethanechol zu bestimmen und eine sichere Behandlung zu gewährleisten.

Risiken & Nebenwirkungen

Zu den häufigsten beobachteten Nebenwirkungen gehören Veränderungen des Herzschlags und eine verstärkte Reaktion der Bronchialmuskulatur.

Insbesondere Patienten mit einer vorliegenden Asthmaerkrankung reagieren mit einem starken Zusammenziehen der Bronchien und mit einem entsprechend heftigen Hustenreiz. Auch ein reduziertes Atemvolumen kann eine Folge der Einnahme von Bethanechol sein, wenn eine asthmatische Vorerkrankung bekannt ist.

Bei gesunden Patienten und bei normaler Dosierung kann der Wirkstoff zu einem kurzen Abfall des Blutdrucks führen. Auch ein erhöhter Tränen- und Speichelfluss ist in der medizinischen Praxis beobachtet worden.

Nur geringe Auswirkungen hat Bethanechol dagegen auf die Skelettmuskulatur. Knochen und Muskel-Skelett-Apparat sollten somit bei weitgehend gesunden Patienten nicht von unerwünschten Nebenwirkungen betroffen sein.

Kontraindikationen

Bethanechol, ein cholinerges Medikament zur Stimulierung der glatten Muskulatur, insbesondere in Blase und Gastrointestinaltrakt, hat spezifische Kontraindikationen, die seine Verwendung limitieren. Die Kenntnis und Berücksichtigung dieser Kontraindikationen sind entscheidend, um Risiken für den Patienten zu minimieren und die Sicherheit der Therapie zu gewährleisten.

Obstruktionen: Patienten mit mechanischen Obstruktionen im Gastrointestinaltrakt oder im Harntrakt sollten Bethanechol nicht erhalten, da die Stimulation der glatten Muskulatur die Obstruktion verschlimmern und zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann.

Bradycardie und Hypotonie: Da Bethanechol die Herzfrequenz senken und den Blutdruck beeinflussen kann, ist es bei Patienten mit bestehender Bradycardie (langsamer Herzschlag) oder Hypotonie (niedriger Blutdruck) kontraindiziert.

Asthma: Bei Asthmatikern kann Bethanechol eine Bronchokonstriktion auslösen oder verschlimmern, was es zu einer gefährlichen Option für diese Patientengruppe macht.

Peptische Ulzera: Personen mit aktiven peptischen Ulzera sollten Bethanechol vermeiden, da es die Sekretion von Magensäure erhöhen und somit den Zustand verschlechtern kann.

Hyperthyreose: Bei Patienten mit Hyperthyreose kann Bethanechol die Symptome verschlimmern, da es die bereits erhöhte Herzrate und den Blutdruck weiter beeinflussen kann.

Schwangerschaft und Stillzeit: Obwohl nicht strikt kontraindiziert, sollte Bethanechol während der Schwangerschaft und Stillzeit nur mit Vorsicht und unter strenger Abwägung von Nutzen und Risiken eingesetzt werden.

Die Berücksichtigung dieser Kontraindikationen ist unerlässlich, um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten und die Wahrscheinlichkeit von unerwünschten Ereignissen zu minimieren. Vor der Verschreibung von Bethanechol ist eine gründliche medizinische Anamnese und Untersuchung erforderlich, um sicherzustellen, dass keine dieser Kontraindikationen vorliegt.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bethanechol, ein Parasympathomimetikum, das zur Stimulation der Blasen- und Darmmuskulatur eingesetzt wird, kann mit verschiedenen anderen Medikamenten interagieren. Diese Interaktionen können die Wirksamkeit von Bethanechol beeinflussen oder das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen. Es ist wichtig, solche potenziellen Wechselwirkungen zu verstehen und zu berücksichtigen, um eine sichere und effektive Behandlung zu gewährleisten.

Anticholinergika: Medikamente mit anticholinergen Eigenschaften können die Wirkung von Bethanechol abschwächen oder aufheben. Dazu gehören viele gängige Medikamente wie Antihistaminika, trizyklische Antidepressiva und einige Parkinson-Medikamente. Diese gegenläufige Wirkung kann die therapeutische Effektivität von Bethanechol reduzieren.

Cholinesterasehemmer: Die gleichzeitige Anwendung von Bethanechol mit Cholinesterasehemmern, die bei der Behandlung von Myasthenia gravis oder Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden, kann die cholinergen Effekte verstärken und zu einer Überstimulation des Parasympathikus führen. Dies kann das Risiko von Nebenwirkungen wie Krämpfen, erhöhtem Speichelfluss und bradykarden Herzrhythmusstörungen erhöhen.

Betablocker: Einige Betablocker können die blutdrucksenkenden Effekte von Bethanechol verstärken, was zu Hypotonie führen kann. Patienten, die gleichzeitig Betablocker und Bethanechol einnehmen, sollten sorgfältig überwacht werden.

Andere Medikamente: Die Wirkung von Bethanechol kann auch durch die Interaktion mit anderen Medikamenten beeinflusst werden, die die Blasen- oder Darmmotilität beeinflussen. Dazu gehören bestimmte Diuretika, NSAIDs und Opioide, die jeweils die Wirksamkeit von Bethanechol in seiner vorgesehenen Funktion beeinträchtigen können.

Vor Beginn einer Therapie mit Bethanechol ist es wichtig, dass Patienten und medizinisches Fachpersonal eine vollständige Medikamentenanamnese durchführen, um mögliche Wechselwirkungen zu identifizieren. Eine sorgfältige Abwägung und Anpassung der Medikamente kann erforderlich sein, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu maximieren.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Bethanechol aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht geeignet ist, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere für die Behandlung von Harnretention und Magen-Darm-Trägheit. Diese Alternativen können unterschiedliche Wirkmechanismen haben und sollten je nach individuellen Bedürfnissen und Zustand des Patienten ausgewählt werden.

Alpha-Blocker: Für Patienten mit Harnretention, insbesondere aufgrund von Prostatavergrößerung, können Alpha-Blocker wie Tamsulosin oder Terazosin eine wirksame Alternative darstellen. Sie wirken, indem sie die glatte Muskulatur in der Prostata und im Blasenhals entspannen, was den Urinfluss erleichtert.

Muskarinische Agonisten: Andere muskarinische Agonisten wie Pilocarpin können in bestimmten Situationen als Alternative zu Bethanechol erwogen werden, obwohl ihre primäre Anwendung oft auf andere medizinische Bedingungen, wie zum Beispiel die Behandlung von Mundtrockenheit, ausgerichtet ist.

Katheterisierung: In Fällen von akuter Harnretention kann eine intermittierende oder dauerhafte Katheterisierung notwendig sein, um die Blase zu entleeren, während alternative medikamentöse Behandlungen oder die Ursachen der Retention untersucht werden.

Prokinetika: Für die Behandlung von Magen-Darm-Trägheit können prokinetische Medikamente wie Metoclopramid oder Domperidon in Betracht gezogen werden, die die Magenentleerung beschleunigen und die Motilität im oberen Gastrointestinaltrakt verbessern.

Verhaltens- und Physiotherapie: Nicht-medikamentöse Ansätze, einschließlich Blasentraining und Beckenbodenübungen, können bei der Behandlung von Harnretention hilfreich sein. Diese Methoden zielen darauf ab, die Blasenfunktion zu verbessern und die Abhängigkeit von Medikamenten zu verringern.

Diät- und Lebensstiländerungen: Bei Magen-Darm-Trägheit können auch Änderungen der Ernährung und des Lebensstils, einschließlich der Erhöhung der Ballaststoffaufnahme und der Flüssigkeitszufuhr sowie regelmäßige körperliche Aktivität, zur Verbesserung der Symptome beitragen.

Die Auswahl einer geeigneten Alternative zu Bethanechol hängt von der spezifischen Ursache der Symptome, den individuellen Bedürfnissen des Patienten und dem Vorhandensein von Kontraindikationen für bestimmte Behandlungen ab. Eine sorgfältige medizinische Bewertung und Beratung sind entscheidend, um die am besten geeignete Behandlungsoption zu bestimmen.

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