Barorezeptor

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Barorezeptoren sind Mechanorezeptoren in den menschlichen Arterien und Venen, die den Blutdruck regulieren. Sie sind mit der Medulla oblongata verbunden und registrieren Veränderungen des Blutdrucks und der Herzfrequenz. Indem sie den Blutdruck konstant halten, erfüllen sie wichtige Aufgaben bei der Aufrechterhaltung des Kreislaufs.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Barorezeptor?

Vor allem zeigen defekte Barorezeptorfunktionen eine Auswirkung auf den Verlauf von chronischen Herzkreislauferkrankungen, so insbesondere auf Bluthochdruck.
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Die mit wichtigsten Sinneszellen des Tastsinns sind die Mechanorezeptoren. Diese Rezeptoren sind die erste Instanz zur Berührungswahrnehmung äußerlicher Druckreize. Neben den exterozeptiven Aufgaben erfüllen Mechanorezeptoren auch Aufgaben in der Interozeption und detektieren somit auch Druckreize innerhalb des menschlichen Körpers.

Die Presso- oder Barorezeptoren sind Mechanorezeptoren der Interozeption, die in der Wand der menschlichen Blutgefäße sitzen. Sie sammeln ununterbrochen Informationen über den Blutdruck in den Arterien und Venen. Abhängig von ihrer Lokalisation lassen sich Barorezeptoren in arterielle und venöse Rezeptoren unterscheiden. Arterielle Barorezeptoren werden auch Hochdruck-Barorezeptoren genannt. Sie lassen sich der Rezeptorgruppe Proportional-Differential-Rezeptor zuordnen.

Venöse Barorezeptoren werden als Niederdruck-Barorezeptoren bezeichnet. Die Sinneszellen in den Blutgefäßen sind die Hauptinstanz zur Vermittlung von Anpassungen des Herzzeitvolumens und des total peripheren Widerstands. Auch die Regulierung des Blutvolumens fällt in ihren Aufgabenbereich.

Anatomie & Aufbau

Arterielle Barorezeptoren sitzen mit hoher Dichte vor allem im Aortenbogen und dem Sinus caroticus. Die Dichte an Pressorezeptoren in den anderen Körperarterien ist verglichen mit diesen Strukturen deutlich geringer. Im Grenzbereich zwischen der Arterielle Barorezeptoren sind aus histologischer Sicht verflochtene Nervenfasern, die ein ovales, lamelliertes Endorgan aufweisen.

Diese Sinneszellen sind Proportional-Differenzial-Rezeptoren und registrieren daher Blutdruckänderungen ebenso wie den Wert des mittleren Blutdrucks. Ihre Entladungsrate ist nicht an Absolutwerten orientiert. Wenn sich der mittleren Blutdruck dauerhaft ändert, adaptieren die Rezeptoren an die neuen Basiswerte. Aufgrund ihrer Adaptionsfähigkeit melden die Rezeptoren nach einer Blutdruckänderung zwar die Veränderung, schicken bei anhaltend verändertem Blutdruck aber keine Signale mehr aus.

Funktion & Aufgaben

Neben den genannten Informationen sammeln die Sinneszellen permanent Informationen zur Änderungsgeschwindigkeiten, zur Blutdruckamplitude und der Herzfrequenz. Diese Informationen leiten sie als Aktionspotenzial in Proportionalität zum einwirkenden Reiz ans Kreislaufzentrum der Medulla oblongata weiter, wo der Blutdruck mittels negativer Rückkoppelung eine Regulierung erfährt.

Afferent ziehen sich die Nerven der Barorezeptoren über den Nervus X oder den Nervus IX bis hin zum Hirnstamm, wo sie auf den Nucleus tractus solitarii projizieren. Die Aktivität der Barorezeptoren lässt sich mittels Barorezeptorreflex nachvollziehen. Dieser Reflex entspricht der barorezeptiven Reaktion auf Veränderungen des Blutdrucks. Eine Blutdruckerhöhung aktiviert über den Nervus vagus den Parasympathikus und lässt gleichzeitig den Tonus des Sympathikus abfallen. So entsteht eine negativ-chronotrope Wirkung aufs Herz und die peripheren Widerstandsgefäße werden dilatiert. Wenn der Blutdruck dagegen abfällt, wird eine Hemmung des Parasympathikotonus in Gang gesetzt, die Herzfrequenz erhöht sich und der total periphere Widerstand steigt durch eine Kontraktion in den Widerstandsgefäßen an.

Gleichzeitig zu dieser Reaktion kommt es zur Erhöhung des venösen Rückstroms. In den Venen des Körpers sitzen statt arterieller venöse Barorezeptoren. Ihre Dichte ist in den großen Körpervenen und im rechten Herzvorhof am höchsten. Diese Sinneszellen sind nicht etwa Presso-, sondern Dehnungsrezeptoren und regulieren das Blutvolumen. Vor allem die arteriellen Barorezeptoren sind lebenswichtig, da sie den arteriellen Blutdruck konstant halten und bedarfsgerechte Blutversorgung für die Organe sicherstellen. Wenn der Blutdruck nach einem hypovolämischen Schock zum Beispiel stark abfällt, dehnt sich Aortenwand kaum mehr.

Die Signalfrequenz der Pressorezeptoren an die Medulla oblongata nimmt auf diese Weise ab und die Neuronen der Medulla oblongata können regulatorische Signale an den Herzmuskel ausschicken. Die Aktivität aller Barorezeptoren ist permanent und erfüllt so vor allem kreislaufregulierende Aufgaben.


Krankheiten

Der Baroreflex ist medizinisch in höchstem Maß relevant und wird vor allem mit Kreislauferkrankungen und Blutdruckschwankungen in Verbindung gebracht. Der Kreislauf eines jeden Menschen ist Tag für Tag hohen Belastungen ausgesetzt.

1000 Milliliter Blut wandern beim bloßen Aufstehen aus sitzender oder liegender Position von den Beinen in den Bauchraum. Ein intakter Baroreflex hält den Blutdruck und die Herzfrequenz trotz dieser Belastungen beim Aufstehen und Niederlegen mit geringfügigen Schwankungen konstant. Wenn allerdings Schäden in den beteiligten Nerven am Herzen, an den Blutgefäßen oder den Nieren vorliegen, tritt ein sogenanntes autonomes Versagen ein. Dieses Phänomen wird auch autonome Neuropathie genannt. Der Blutdruck der Betroffenen sinkt beim Aufstehen stark und Kreislaufprobleme oder sogar Ohnmacht treten ein.

Verantwortlich für solcherlei Nervenschädigungen kann beispielsweise eine lange bestehende Diabetes sein. Auch die Barorezeptoren selbst können von Schädigungen betroffen sein, so zum Beispiel im Rahmen von schweren Vergiftungen. Patienten mit geschädigten Barorezeptoren oder Läsionen der Nervenbahnen zum Gehirn sind oft von Blutdruckschwankungen extremer Höhe betroffen. Schon die kleinste Anstrengung oder Aufregung kann ihren Blutdruck in die Höhe treiben. Der Mediziner spricht in diesem Zusammenhang von Baroreflexversagen. Durch eine Störung oder ein Versagen des Baroreflexes können Folgeerkrankungen begünstigt werden.

Vor allem zeigen defekte Barorezeptorfunktionen eine Auswirkung auf den Verlauf von chronischen Herzkreislauferkrankungen, so insbesondere auf Bluthochdruck. Der Baroreflex kann invasiv oder nicht-invasiv untersucht werden, um Folgeerkrankungen zu verhindern. Der Arzt misst bei der Untersuchung des Reflexes meist die Veränderungen der Herzfrequenz, die sich durch eine kontrollierte Blutdruckveränderung provozieren lassen. Starke Störungen des Barorezeptorreflexes können Herzkreislaufversagen verursachen. Die Folge dessen kann im Extremfall der Herztod sein.

Quellen

  • Grillparzer, M.: Körperwissen. Gräfe und Unzer, München 2007
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Klinke, R. & Silbernagl, S.: Lehrbuch der Physiologie. Thieme, Stuttgart 2005

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