Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) wird eine Erbkrankheit bezeichnet, die die Nieren betrifft. Dabei kommt es zur Bildung von Zystennieren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung?

Ist ein ADPKD-Gen vorhanden, führt dies früher oder später zum Ausbruch der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung. In den meisten Fällen zeigt sie sich im Alter zwischen 20 und 40 Jahren.
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Zystennieren sind auch als polyzystische Nieren bekannt. Dabei handelt es sich um zumeist ernsthafte Nierenerkrankungen, bei denen sich eine größere Anzahl an Zysten bildet. Als Zysten werden Hohlräume bezeichnet, in denen sich Flüssigkeit befindet.

Eine einzelne Zyste stellt in der Regel kein gesundheitliches Problem dar, sodass eine medizinische Behandlung nicht notwendig ist. Bilden sich in einer Niere jedoch mehrere Zysten, ist von einer Zystenniere oder polyzystischen Niere die Rede.

Eine häufige Form der Zystenniere stellt die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) dar, bei der es sich um eine häufig vorkommende Erbkrankheit handelt. Im höheren Lebensalter wirkt sich die Zystenniere negativ auf die Nierenfunktionen aus.

Aus diesem Grund muss meist eine Dialyse oder sogar eine Nierentransplantation erfolgen. Die Häufigkeit der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung liegt zwischen 1:400 und 1:12.000. Weltweit leiden ungefähr 5 Millionen Menschen an einer ADPKD.

Ursachen

Der Begriff „autosomal“ bedeutet „geschlechtsunabhängig“. Jeder Mensch verfügt über 46 Chromosomen beziehungsweise 23 Chromosomenpaare, in denen sich die Erbinformationen befinden. Neben den paarigen Geschlechtschromosomen X und Y sind 22 Autosomen vorhanden. Bei den Genen, die auf den Autosomen angesiedelt sind, findet eine autosomale Vererbung statt.

Von einer dominanten Erberkrankung ist die Rede, wenn sich eines der Gene, das der Mensch von seiner Mutter und seinem Vater erbt, verändert. Eine rezessive Erkrankung tritt dagegen erst bei Veränderungen an beiden Genen auf.

Als Auslöser der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung kommen drei Gene infrage. Bei 80 Prozent aller betroffenen Personen besteht auf dem Chromosom 16 das ADPKD-Gen 1. 15 Prozent aller Patienten leiden auf dem Chromosom 4 unter dem ADPKD-Gen 2. Bei den restlichen fünf Prozent lässt sich das Gen nicht genau zuordnen.

Ärzte gehen bei der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung von einer hohen Dunkelziffer aus, sodass sie als häufigste lebensgefährliche Erbkrankheit gilt. Besteht bei einem Elternteil eine Erkrankung mit ADPKD, liegt das Risiko des Kindes, ebenfalls daran zu erkranken, bei 50 Prozent.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ist ein ADPKD-Gen vorhanden, führt dies früher oder später zum Ausbruch der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung. In den meisten Fällen zeigt sie sich im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Zu Beschwerden kommt es jedoch erst dann, wenn sich in den Nieren so viele Zysten befinden, dass sie sich negativ auf die Organfunktion auswirken.

Das Ausmaß der Beschwerden kann bei einer ADPKD unterschiedlich sein. Bei etwa 60 bis 70 Prozent aller Patienten kommt es zu Bluthochdruck. Grund dafür ist das Entstehen von Druck auf die Nierengefäße durch die Zysten. Weil deswegen ein Abfall des Blutdrucks eintritt, schüttet die betroffene Niere als Reaktion das hormonähnliche Enzym Renin aus, was wiederum zu einer Steigerung des Blutdrucks führt.

Nicht selten leiden die Betroffenen auch unter chronischen Schmerzen, wenn die Nerven von den Zysten in Mitleidenschaft gezogen werden. Typisch sind ausstrahlende Schmerzen in die Leisten, die Flanken und den Rücken.

Als weiteres charakteristisches Merkmal der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung gilt die Bildung von Nierensteinen. Diese treten bei 20 bis 30 Prozent aller Patienten auf. So wird durch die Zysten der Abfluss des Urins gestört, wodurch sich rascher Kristalle bilden.

Frauen leiden zudem häufig unter Harnwegsinfektionen, weil sich schädliche Bakterien in den Zysten ansammeln können. Bei etwa jedem zweiten ADPKD-Patienten liegt außerdem Blut im Urin vor, dessen Menge individuell unterschiedlich ausfällt.

Diagnose & Verlauf

Besteht Verdacht auf eine Zystenniere, nimmt der Arzt eine Untersuchung des Urins vor. Als auffällige Befunde gelten rote Blutkörperchen und Eiweiß im Harn. Außerdem fällt die Urinkonzentration geringer aus als im Normalfall.

Einen weiteren Hinweis liefert die sich verschlechternde Funktion der Nieren, was sich durch die Messung von unterschiedlichen Nierenwerten bemerkbar macht. Als sicherste Diagnosemethode gilt die Sonographie (Ultraschalluntersuchung), mit der sich eine autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung entdecken lässt. Bildgebende Verfahren wie eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) werden dagegen nur selten benötigt.

Der Verlauf der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung schreitet langsam voran, sodass im frühen Stadium noch keine Einschränkungen der Nieren vorliegen. Jahr für Jahr kommt es jedoch zur Abnahme des Nierenvolumens, was schließlich in späterem Alter zu einem endgültigen Nierenversagen führt. Bei Frauen ist dies im Durchschnitt sechs Jahre später der Fall als bei Männern.

Komplikationen

Die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung kann zu vielen verschiedenen Komplikationen führen. Allgemein kann die autosomal-dominant polyzystische Nierenerkrankung in ein Versagen der Niere (Niereninsuffizienz) führen. Bei einem Versagen kommt es zunächst zu einer erhöhten Ausscheidung von Urin (Polyurie).

Dies versiegt jedoch schnell wieder und es kommt zu einer verminderten Ausscheidung von Urin (Oligurie). Dadurch werden harnpflichtige, giftige Substanzen nicht mehr ausreichend ausgeschieden. Dazu zählt beispielsweise das Nervengift Ammoniak. Die Konzentration wird dadurch stark erhöht und somit auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Ammoniak im Gehirn ausbreitet und dort eine Enzephalopathie auslöst.

Dies führt zu Missempfindungen, Krämpfen und Lähmungen, aber auch zu Kopfschmerzen. Daneben können die Giftstoffe zu einer Vergiftung des Blutes (Urämie) führen, was in ein lebensgefährliches Koma enden kann. In den schlimmsten Fällen muss dies mit einer Dialyse behandelt werden oder sogar einer Nierentransplantation.

Des Weiteren wird dadurch, dass nicht mehr genug Flüssigkeit ausgeschieden wird, das Risiko für Ödeme erhöht, welche sehr schmerzhaft und groß sein können. Zudem werden nicht mehr genügend Säuren ausgeschieden, so dass das Blut übersäuert.

Dies hat eine Hyperkaliämie zur Folge, also einer Erhöhung der Kaliumkonzentration, was mitunter auch Herzrhythmusstörungen auslösen kann. Auch werden durch die Niere nicht mehr genügend Kaliumionen ausgeschieden, was die Entstehung von Herzrhythmusstörungen ebenfalls begünstigt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In den meisten Fällen muss die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung auf jeden Fall durch einen Arzt behandelt werden. Die Beschwerden dieser Erkrankung treten in den meisten Fällen im Erwachsenenalter auf und führen zu einem hohen Blutdruck. Weiterhin kommt es neben dem hohen Blutdruck auch zu dauerhaften Schmerzen an den Nieren.

Sollte es daher zu diesen Beschwerden kommen, so muss die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung durch einen Arzt untersucht werden. Weiterhin können auch Schmerzen im Rücken, den Leisten und den Flanken auf diese Erkrankung hindeuten und sollten von einem Arzt untersucht werden.

Zusätzlich leiden die Betroffenen auch an Nierensteinen und damit nicht selten an sehr starken und stechenden Schmerzen, die vor allem beim Wasserlassen auftreten können. Auch ein blutiger Urin kann ein Zeichen für die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung darstellen und sollte von einem Arzt untersucht werden.

In der Regel wird die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung durch einen Urologen behandelt und diagnostiziert. In akuten Notfällen oder bei sehr starken Schmerzen sollte allerdings ein Krankenwagen gerufen oder direkt das Krankenhaus aufgesucht werden, um weitere Komplikationen zu vermeiden.

Behandlung & Therapie

Die Ursache der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung lässt sich nicht behandeln, sodass nur eine symptomatische Therapie erfolgen kann. Bei den meisten Patienten findet eine regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks statt. So wirkt sich zu hoher Blutdruck negativ auf die Nieren aus.

Falls nötig, erhält der Patient blutdrucksenkende Mittel. Positiv auf die Nierenfunktion wirken sich außerdem Verzicht auf Tabak, eine gesunde Ernährung sowie genügend Bewegung aus. Zur Behandlung von Schmerzen im Nierenbereich werden Schmerzmittel verabreicht. Bei großen Zysten kann eine Punktion zum Ablassen der Flüssigkeit erforderlich sein.

Kommt es zu einem endgültigen Nierenversagen, muss eine Dialyse (Blutwäsche) vorgenommen werden. In manchen Fällen bedarf es einer Nierentransplantation. Um die ADPKD wirksam behandeln zu können, ist eine koordinierte Zusammenarbeit von mehreren Fachärzten nötig.

Aussicht & Prognose

Die Prognose für die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung ist ungünstig. Sie hat einen progressiven Verlauf, der sich mit den derzeitigen medizinischen Möglichkeiten nicht stoppen oder ausreichend behandeln lässt. Aus rechtlichen Gründen sind Eingriffe in die Genetik des Menschen nicht gestattet. Daher gilt es bei der Erberkrankung darum, alternative Möglichkeiten für eine gute Behandlung zu finden. Diese sollen die Gesundheit des Patienten verbessern und das Wohlbefinden steigern.

Die Erkrankung führt im weiteren Verlauf zu einem Nierenversagen. Ohne eine medizinische Versorgung kommt es durch das Organversagen zum Ableben des Patienten. Bei einem Organversagen bleiben dem Betroffenen wenige Minuten, bis es zur Todesfolge kommt. Mit einer Behandlung sind die Aussichten auf eine Genesung deutlich verbessert.

Sobald die Erkrankung sehr weit fortgeschritten ist, findet eine Dialyse statt. Mit dieser Behandlung wird dem Patienten ein Weiterleben ermöglicht. Diese Therapiemethode ist gleichzeitig mit sehr vielen Herausforderungen und Beeinträchtigungen im Leben des Patienten verbunden.

Zusätzlich zu der körperlichen Erkrankung kommt es häufig zu psychischen Störungen, die sich negativ auf die Gesamtprognose auswirken. Für eine bessere Lebensqualität benötigt der Erkrankte eine neue Niere. Letztlich kann nur eine erfolgreiche Nierentransplantation das Überleben des Patienten sicherstellen. Die Transplantation ist mit zahlreichen Risiken und Nebenwirkungen verbunden, ermöglicht jedoch ein Weiterleben.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen gegen eine autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung sind nicht bekannt. So ist die ADPKD bereits angeboren.

Nachsorge

Die Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge sind bei dieser Krankheit in den meisten Fällen stark eingeschränkt. In der Regel ist der Betroffene zuerst auf eine frühzeitige Diagnose und Erkennung der Erkrankung angewiesen, damit sie richtig behandelt werden kann und es auch nicht zu weiteren Komplikationen kommt. Aus diesem Grund steht bei dieser Krankheit die frühzeitige Erkennung im Vordergrund.

Hierbei kann es auch nicht zu einer Selbstheilung kommen. Im schlimmsten Fall verstirbt der Betroffene an dieser Erkrankung, falls es nicht zu einer rechtzeitigen Behandlung kommt. Bei der Behandlung dieser Krankheit ist der Betroffene auf regelmäßige Besuche und Kontrollen bei einem Arzt angewiesen. Dabei wird die Flüssigkeit abgelassen. Diese Kontrollen sollten durch den Patienten eingehalten werden.

In schwerwiegenden Fällen ist jedoch auch eine Dialyse notwendig. Dabei benötigen viele Betroffene auch die Hilfe und die Unterstützung durch die eigene Familie und durch Freunde. Dadurch können auch psychische Beschwerden oder Verstimmungen gelindert werden, wobei auch ein professioneller Psychologe aufgesucht werden kann. In vielen Fällen verringert diese Krankheit die Lebenserwartung des Betroffenen. Ob es dabei zu einer vollständigen Heilung kommen kann, kann nicht universell vorhergesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Patienten, die an einer autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung leiden, können selbst nicht dazu beitragen, die Grunderkrankung zu behandeln. Sofern die Störung in der Familie verbreitet ist, empfiehlt sich eine Vorsorgeuntersuchung, um die Krankheit möglichst früh zu entdecken. Mit Hilfe einer Sonographie kann festgestellt werden, ob sich in den Nieren, in der Leber, im Pankreas oder der Milz Organzysten gebildet haben.

Eine autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung geht gerade bei Frauen häufig mit akuten Entzündungen der Blase und der Harnröhre einher, da die Erreger sich an den Zysten sammeln und gut vermehren können. In diesen Fällen helfen die gleichen Selbsthilfemaßnahmen, die auch bei anders induzierten Harnwegsinfektionen greifen. Betroffenen Patientinnen sollten möglichst viel trinken, um die Erreger zeitnah auszuspülen.

Besonders empfehlenswert ist stilles Mineralwasser, ungesüßter Kräutertee oder spezieller Blasentee aus der Apotheke. Darüber hinaus sollten kalte Füße, zu knappe Kleidung bei niedrigen Temperaturen und das Sitzen auf kaltem Untergrund vermieden werden. In der Naturheilkunde werden gegen häufig wiederkehrende Harnwegsinfekte Präparate auf der Basis von Kürbis und Cranberry eingesetzt. Diese Mittel sind rezeptfrei als Saft, Tropfen oder in Tablettenform erhältlich.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
  • Spornitz, U. M.: Anatomie und Physiologie. Springer Medizin Verlag, Berlin Heidelberg 2004

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