Anxiolyse

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ängste sind ein natürlicher Bestandteil der menschlichen Empfindung. Jeder hat sie und jeder benötigt sie, um in Gefahrensituationen vorteilhaft reagieren zu können. Nehmen sie jedoch überhand, handelt es sich um pathologische Formen der Angst (Angststörung), die behandlungsbedürftig sind.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Anxiolyse?

Unter einer Anxiolyse versteht die Medizin bzw. Psychiatrie die Auflösung von Ängsten. Dazu werden meist chemische Mittel (Psychopharmaka) eingesetzt.

Unter einer Anxiolyse versteht die Medizin bzw. Psychiatrie die Auflösung von Ängsten. Dazu werden meist chemische Mittel (Psychopharmaka) eingesetzt. Sie gehören verschiedenen Wirkstoff-Klassen an und werden oft auch als Minor Tranquilizer (schwache Beruhigungsmittel) bezeichnet.

Die Hauptgruppe der Anxiolytika (angstlösenden Medikamente) bilden die Benzodiazepine. Die Tranquilizer/Sedativa haben eine beruhigende Wirkung und dämpfen Emotionen, sind aber wegen ihres hohen Suchtpotenzials und ihrer diversen Nebenwirkungen nicht unumstritten. Da jedoch vielen Ängsten seelische Verletzungen zugrunde liegen, die nicht, nur teilweise oder inadäquat verarbeitet wurden, kann die Anxiolyse nur dann erfolgreich sein, wenn sie parallel zu einer geeigneten Psychotherapie erfolgt. Die symptomatische Behandlung mithilfe von angsthemmenden Medikamenten kann in keinem Fall die Psychotherapie ersetzen.

Depressive Patienten mit Angst-Symptomatik werden andere Medikamente verschrieben als Menschen mit Phobien und Betroffene, die an einer schizophrenen Psychose leiden. In bestimmten Fällen können dem an Ängsten oder Phobien Leidenden auch pflanzliche Mittel verabreicht werden. Unabdingbar ist jedoch in jedem Fall eine kognitive Verhaltenstherapie. Sie ist ursachenorientiert und gibt dem Patienten das Verhaltensinstrumentarium an die Hand, das er benötigt, um mit den angstauslösenden Gedanken, Personen und Situationen angemessen umzugehen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die Gabe von Anxiolytika ist sinnvoll, wenn der Patient in seiner Lebensführung schon stark eingeschränkt ist und eventuell sogar schon Selbstmordabsichten hegt. Zu den hauptsächlich verordneten chemischen Mitteln gehören Tranquilizer/Sedativa, Antidepressiva, Neuroleptika und Betablocker.

Die meisten Anxiolytika haben eine den gestörten Neurotransmitter-Haushalt ausgleichende Wirkung. Andere Mittel (Betablocker) sind eigentlich keine Anxiolytika, werden aber häufig verschrieben, da sie die körperlichen Angst-Symptome wie Zittern, Schweißausbrüche, Durchfall, Herzrasen etc. reduzieren. Tranquilizer werden am häufigsten verabreicht. Gegen starke Ängste und Panikzustände helfen Benzodiazepine. Sie haben einen beruhigenden, angstlösenden, krampfhemmenden und emotional dämpfenden Effekt und sind innerhalb kurzer Zeit wirksam. Häufig verordnete Medikamente dieses Typs enthalten Oxazepam, Alprazolam und Diazepam.

Bei depressiven Patienten, die zugleich an einer Angststörung leiden, verschreibt der Arzt Antidepressiva wie beispielsweise Clomipramin, Maprotilin oder Imipramin. Sie wirken nicht nur stimmungsaufhellend, sondern auch beruhigend und emotional abschirmend. Um eventuellen anfänglichen Nebenwirkungen zu begegnen, werden die Antidepressiva einschleichend gegeben. Daher erreichen sie meist auch erst 2 bis 3 Wochen später ihre optimale Wirkung.

Sie haben im Gegensatz zu anderen Anxiolytika kein großes Suchtpotenzial und können daher auch zur Langzeitbehandlung von Ängsten eingesetzt werden. Neuroleptika werden meist schizophrenen Patienten verschrieben, da sie die Übermittlung von Dopamin an den Synapsen im Gehirn hemmen. Lediglich niederpotente Neuroleptika wie Melperon und Promethazin haben eine angstreduzierende Wirkung. Sie dämpfen und entspannen, sodass der schizophrene Patient therapiefähig wird.

Betablocker mindern die körperlichen Symptome der Angststörung und wirken zudem blutdrucksenkend. Auf die Ängste selbst und die damit verbundene Reizbarkeit und Nervosität haben sie jedoch keinen Einfluss. Sie reduzieren die Leistungsfähigkeit des Patienten nicht und haben auch keine suchterzeugende Wirkung. Zur Langzeitbehandlung werden Betablocker nicht eingesetzt. Vor der Verabreichung von chemischen Mitteln zur Anxiolyse müssen eine genaue Anamnese durchgeführt und ein großes Blutbild gemacht werden. Die Medikamente dürfen nur von Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie verordnet werden und sind meist einschleichend und ausschleichend dosiert, um das Risiko von Nebenwirkungen zu verringern.

Die meisten Mittel werden einmal täglich nach dem Frühstück oder Abendessen eingenommen, manche jedoch auch zweimal pro Tag. Mitunter kommt es zu einer Erst-Verschlimmerungsreaktion, die nach einiger Zeit wieder nachlässt. Bei weniger starken Ängsten können auch pflanzliche Präparate nützlich sein. Sie haben bei vorschriftsmäßiger Anwendung meist keine Nebenwirkungen. Bei Ängsten bewährt haben sich Baldrian, Johanniskraut, Hopfen, Kamille, Lavendel und Passionsblume. Auch das im Weihrauch enthaltene Incensol hat eine angstdämpfende Wirkung.

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Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Insbesondere die Benzodiazepine haben zum Teil schwere Nebenwirkungen und ein hohes Suchtpotenzial, das sich schon nach einigen Tagen Einnahme zeigt. Neuroleptika haben insbesondere bei einer Langzeittherapie nicht zu unterschätzende Nebenwirkungen und sogar Spätfolgen. Auch sie schränken die Reaktionsfähigkeit des Patienten stark ein, sodass er idealerweise auf eine Teilnahme am Straßenverkehr und das Bedienen von Maschinen verzichtet.

Über das Abhängigkeitspotenzial von Neuroleptika kann aktuell mangels klinischer Studien nichts ausgesagt werden. Außer zum Erst-Verschlimmerungseffekt kann es bei der Einnahme der Substanz-Gruppen zu folgenden negativen Auswirkungen kommen: Übelkeit, Erbrechen, Verdauungsprobleme, eingeschränkte Bewegungsfähigkeit und Koordinationsstörungen, Schädigung der Entgiftungsorgane Leber und Nieren, Verringerung oder totaler Verlust der Libido wegen des sedierenden Effekts, Gewichtszunahme durch die Verlangsamung des Stoffwechsels bis hin zur Fettleibigkeit, hormonelle Störungen, bei Daueranwendung reduzierte Lebenserwartung (nicht bei Betablockern!), Beeinflussung des Nervensystems (Zittern, nervöse Unruhe, Sensibilitätsstörungen an den Gliedmaßen, Schlafstörungen) sowie kardiovaskuläre Probleme wie Tachykardie, Hypotonie und Herzrhythmusstörungen.

Bei Sedativa kann es außerdem zum Gewöhnungseffekt kommen, sodass die Dosis in Abständen erhöht werden muss, um eine gleichbleibende Wirkung zu erzielen. Da zur Anxiolyse verordnete chemische Mittel im Tierversuch in der Muttermilch nachgewiesen werden konnten, entsprechende Humanstudien jedoch nicht vorliegen, sollten sie Schwangeren und Stillenden nicht verschrieben werden. Das gilt insbesondere für den Einsatz von Benzodiazepinen.

Quellen

  • Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
  • Morschitzky, H.: Angststörungen – Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. Springer, Wien 2009
  • Möller, H.-J.: Therapie psychischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 2006

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