Amine

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ausgangsstoff für Tausende von verschiedenen Aminen ist Ammoniak (NH3), bei dem die Wasserstoffatome sukzessive durch Alkylgruppen oder durch Arylgruppen mit mindestens einem aromatischen Sechsring-Grundgerüst ersetzt werden.

Biogene Amine entstehen durch Decarboxylierung von Aminosäuren. Sie sind direkt stoffwechselwirksam oder Teil eines komplexen Enzyms oder Hormons oder bilden die Vorstufen für eine Vielzahl von Hormonen, Enzymen, Neurotransmittern und Alkaloiden.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Amine?

Eine ungeheure Vielfalt von biogenen Aminen ist als Neurotransmitter oder Teil von Enzymen oder Hormonen an sehr vielen Stoffwechselprozessen beteiligt.
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Die Grundsubstanz für die Bildung von Aminen ist Ammoniak (NH3). Durch die Substituierung von ein, zwei oder allen drei Wasserstoffatomen durch Alkyl- oder Arylgruppen entstehen primäre, sekundäre oder tertiäre Amine.

Als Alkylgruppen werden aliphatische Kohlenwasserstoff-Ketten bezeichnet, die durch die allgemeine Summenformel CnH2n+1 definiert sind. Die einfachste Form ist die Methylgruppe mit der Summenformel –CH3. Arylgruppen bestehen aus einem organischen Rest mit mindestens einem aromatischen Sechsring als Grundgerüst. Der Phenylrest (-C6H5) bildet die einfachste Arylgruppe. Biogene Amine werden allerdings nicht auf der Basis eines Ammoniakderivates neu synthetisiert, sondern durch Decarboxylierung von Aminosäuren gewonnen, dem Entzug der Carboxylgruppe (-COOH) unter Abspaltung eines Kohlenstoffdioxid-Moleküls.

Alternativ können biogene Amine auch direkt mit der Nahrung aufgenommen und im Dünndarm (Ileum) resorbiert werden. Biogene Amine wie Beta-Alanin und Cysteamin sind Bestandteile bestimmter Coenzyme oder fungieren als Neurotransmitter wie Alpha-Amino-Buttersäure, Dopamin, Serotonin und Noradrenalin. Andere Amine bilden die Vorstufen zu Cobalaminen (Vitamin B12), Katecholaminen, einer Vielzahl von Alkaloiden und vielen weiteren bioaktiven Stoffen.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Eine ungeheure Vielfalt von biogenen Aminen ist als Neurotransmitter oder Teil von Enzymen oder Hormonen an sehr vielen Stoffwechselprozessen beteiligt. Andererseits nehmen Amine als Vorstufe für eine Reihe weiterer Hormone, Enzyme, Neurotransmitter und Alkaloiden auch mittelbaren Einfluss auf den Metabolismus des Körpers.

Eine gewisse Sonderrolle nimmt das biogene Amin Phenethylamin (PEA) ein. Biochemisch stellt es eine Vorstufe für die Synthetisierung von Catecholaminen wie Adrenalin und Dopamin dar. Das PEA übt eine dem Sympathikus ähnliche stimulierende Wirkung auf den Stoffwechsel aus. Blutdruck und Blutzuckerspiegel erhöhen sich und die Atemfrequenz nimmt zu. Die Toleranz des Körpers gegenüber PEA ist individuell sehr unterschiedlich. Der Einfluss reicht von leicht anregender bis zu toxischen Wirkungen. Die Vielzahl der Funktionen und Aufgaben lässt erkennen, dass die Konzentration spezifischer Amine, die direkt an Steuerfunktionen des Stoffwechsels beteiligt sind, sensibel überwacht und gesteuert werden muss.

Das gilt ganz besonders für exogen aufgenommene Amine, deren Anhäufung im Körper vom Zufall der Nahrungsaufnahme abhängt. Die daraus resultierenden möglichen Probleme werden durch Enzyme wie Oxidasen, Methyltransferasen und andere katabole Enzyme aufgefangen. Die abbauenden Enzyme, die jeweils auf die Hemmung bestimmter Amine spezialisiert sind, verhindern ein übermäßiges Ansteigen der Konzentration von Neurotransmittern und anderen unmittelbar wirksamen Aminen.

Um wiederum ein Zuviel an Hemmungen der katabolen Enzyme zu verhindern, wirken spezielle Amine als Inhibitoren der katabol wirksamen Enzyme. Das biogene Amin Tyramin, ein Neurotransmitter, das der Körper aus Tyrosin durch Decarboxylierung gewinnt, wirkt beispielsweise als Hemmer der Diaminooxidase (DAO) und der Histamin-N-Methyltransferase (HNMT). Tyramin verhindert damit einen zu schnellen Histaminabbau.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Die nahezu unüberschaubare Vielzahl von einfach bis komplex aufgebauten biogenen Aminen werden durch enzymatisch-katalytischen Umbau von Aminosäuren im Körper hergestellt oder über die Nahrung aufgenommen und im Dünndarm resorbiert.

Biogene Amine, die im Körper meist leicht basisch wirken, sind in niedriger Konzentration in vielen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch, Milch und Milchprodukten sowie auch in verschiedenen Gemüsesorten vorhanden. Da Amine häufig durch Mikroben synthetisiert werden, ist der Gehalt an biogenen Aminen, besonders der von Histamin, in fermentierten Lebensmitteln wie Sauerkraut, Bier und Wein sowie in bestimmten (reifen) Käsesorten und Fleischwaren besonders hoch, was zu einer Überversorgung führen kann. Einige Menschen reagieren darauf mit Hautrötungen, Juckreiz, Übelkeit, Migräne und Kreislaufproblemen.

Es handelt sich dabei nicht um allergische Symptome, sondern um Überreaktionen auf ein Zuviel an Histamin. Histamin ist ein wichtiger Botenstoff und Stimulans des Immunsystems. Als Gewebshormon ist Histamin, das auch aus der Aminosäure Histidin gebildet werden kann, an allen Entzündungsreaktionen beteiligt. Eine optimale Konzentration von biogenen Aminen im Körper kann nicht definiert werden, da der Bedarf aufgrund ihrer vielfältigen Erscheinungsformen und Funktionen situationsabhängig ist.


Krankheiten & Störungen

Die sehr vielfältigen Aufgaben und Funktionen der Amine, die häufig im intermediären Stoffwechsel mit Ketten von hintereinander ablaufenden enzymatisch-katalytisch gesteuerten biochemischen Reaktionen verbunden sind, bedingen, dass es auch zu Störungen kommen kann.

Häufig führen die Störungen zu Symptomen und Beschwerden, die unspezifisch sind und erst bei gleichzeitigem Auftreten bestimmter Symptome Rückschlüsse auf konkrete Probleme gestatten. Ein Beispiel für eine Indikation mangelhafter Versorgung mit bestimmten Monoaminen wie Noradrenalin, Serotonin und anderen Neurotransmittern, sind Symptome wie Müdigkeit, Antriebsschwäche und depressive Verstimmungen. Der zugrunde liegende Mangel an bestimmten Neurotransmittern und Hormonen kann an einer tatsächlichen Unterversorgung liegen oder an einer gestörten Funktion der Rezeptoren.

Eine verminderte Rezeptortätigkeit kann z. B. als unerwünschter Nebeneffekt von Medikamenten auftreten oder durch bestimmte Toxine verursacht werden. In beiden Fällen besteht das Therapieziel darin, die Versorgung mit den entsprechenden biogenen Aminen zu erhöhen. Auch eine gegenteilige Situation, eine Überversorgung mit biogenen Aminen kann durch eine Genmutation ausgelöst werden, die einen Mangel an Mono- oder Diaminooxidase-Enzymen bedingen.

Stoffe wie Noradrenalin, Serotonin und andere können dann nicht im erforderlichen Maße verstoffwechselt werden, was zu allergieähnlichen Symptomen führen kann. Bestimmte Nahrungsmittel oder Stoffe können die Wirkung von biogenen Aminen verstärken oder abschwächen. Beispielsweise erhöht Alkoholgenuss die Wirkung der Amine.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Thieme, Stuttgart 2018
  • Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001

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