Akutes Skrotum

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Akutes Skrotum

Als Akutes Skrotum werden plötzliche und heftige Schmerzen im Bereich der Hoden bezeichnet. Diese können auch von einer Schwellung begleitet werden. Als Ursache eines akuten Skrotums kommen verschiedene Erkrankungen infrage.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Akutes Skrotum?

Die Fachbezeichnung für den Hodensack lautet Skrotum. Dementsprechend werden unter dem Begriff "Akutes Skrotum" verschiedene Krankheitsbilder zusammengefasst, die mit akut auftretenden Schmerzen im Hodensack einhergehen.

Ein akutes Skrotum ist ein Notfall, der immer einer urologischen Abklärung bedarf. Die Ursachen des akuten Skrotums sind vielfältig. Infrage kommen Entzündungen, Traumata, Tumore oder angeborene Fehlbildungen.

Ursachen

Als Akutes Skrotum werden plötzliche und heftige Schmerzen im Bereich der Hoden bezeichnet. Diese können auch von einer Schwellung begleitet werden.

Ein akutes Skrotum kann durch verschiedene Erkrankungen hervorgerufen werden. Eine Ursache sind Entzündungen des Hodens. Dabei kann sowohl der Hoden an sich (Orchitis) entzündet sein als auch der Nebenhoden. Bei einer Entzündung des Nebenhodens spricht man von einer Epididymitis. Die Orchitis ist eine gefürchtete Komplikation von Mumps-Infektionen. Auch Entzündungen der Samenleiter (Deferentitis) und der Samenstränge (Funiculitis) können ein akutes Skrotum zur Folge haben.

Ebenso kann sich auch die Skrotalhaut, also die Haut des Hodensacks entzünden. Führt diese Entzündung zu einem Skrotalabzess, das heißt zu einer Eiteransammlung im Gewebe des Hodensacks, so kann daraus ein akutes Skrotum resultieren. Eine Entzündung des Hodensacks, verursacht durch ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, nennt sich Erysipel. Das Erysipel des Hodensacks ist sehr schmerzhaft und deshalb oft Auslöser eines akuten Skrotums.

Unter dem Begriff Hodentorsion versteht man die teilweise oder komplette Drehung des Hodens um den Gefäßstiel, durch den die Gefäße verlaufen, die den Hoden versorgen. Eine Hodentorsion zeigt sich immer in Form eines akuten Skrotums. Selbes gilt für die sogenannte Hydatidentorsion. Dabei handelt es sich um eine Verdrehung von Hoden- beziehungsweise Nebenhodenanhangsgebilden. Der Hodentorsion und auch der Hydatidentorsion geht meist eine Entwicklungsanomalie voraus.

Oft entwickelt sich das Krankheitsbild nachts. Auslöser sind aber auch kleinere Traumata oder körperliche Aktivität wie Sport oder ausgelassenes Spielen bei Kindern. Weitere Ursachen für ein akutes Skrotum sind Insektenstiche, ein akuter Lymphstau oder ein Skrotalödem. Lymphstau ist oft die Folge von Operationen am Hodensack oder tritt in Zusammenhang mit Krebserkrankungen von Hoden oder Prostata auf. Skrotalödeme, also Wasseransammlungen im Hodensack, können allergiebedingt oder idiopathisch, das bedeutet ohne erkennbare Ursache, auftreten.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Kardinalsymptom des akuten Skrotums ist ein starker Schmerz im Hodensack. Dieser kann sehr plötzlich auftreten oder aber sich langsam steigern. In den meisten Fällen ist nur ein Hodenfach betroffen. Ein akutes Skrotum mit Beteiligung beider Hodenfächer ist eher selten. Die Schmerzen sind sehr heftig und strahlen typischerweise in die Leistenregion aus. Zusätzlich ist in den meisten Fällen der Hodensack stark gerötet und die Haut des Skrotums überwärmt. Möglicherweise ist die betroffene Seite des Hodensacks angeschwollen.

Diagnose & Verlauf

Ein akutes Skrotum ist immer ein urologischer Notfall. Insbesondere bei Verdacht auf eine Hodentorsion muss schnell gehandelt werden. Sechs bis acht Stunden nach der Torsion wird das Gewebe des Hodens nekrotisch, das heißt, es stirbt ab und kann dann auch nicht mehr gerettet werden. Bei Neugeborenen ist der Zeitraum bis zur Nekrose noch deutlich kürzer. Die Folge ist der Verlust von einem oder eventuell sogar beiden Hoden.

Für eine Hodentorsion spricht eine extreme Druckempfindlichkeit des Hodens. Zur Differenzierung des akuten Skrotums kommt das Prehn-Zeichen als urologische Untersuchungsmethode zum Einsatz. Dabei hebt der Arzt den betroffenen Hoden des Patienten an. Dieser sollte währenddessen so entspannt wie möglich auf der Untersuchungsliege liegen.

Nehmen die Schmerzen beim Anheben des Hodens zu oder bleiben gleich stark, ist das Prehn-Zeichen negativ. Ein negatives Prehn-Zeichen spricht für eine Hodentorsion. Nehmen die Schmerzen bei der Anhebung des Hodens ab, ist das Prehn-Zeichen positiv. Ein positives Prehn-Zeichen weist auf eine Entzündung von Hoden oder Nebenhoden hin.

Das Prehn-Zeichen ist geeignet, um bei einem akuten Skrotum einen ersten Hinweis auf eine mögliche Ursache zu erhalten. Allerdings ist diese Untersuchung nicht besonders zuverlässig, sodass weitere diagnostische Maßnahmen ergriffen werden müssen. Mögliche Hinweise auf eine Hodentorsion liefert auch der sogenannte Kremasterreflex. Beim Kremasterreflex wird durch Bestreichung der Oberschenkelinnenseite eine Hebung des gleichseitigen Hodens ausgelöst.

Bleibt diese Hebung aus, kann eine Hodentorsion vorliegen. In der Klinik oder Arztpraxis wird bei Verdacht auf eine Torsion in der Regel unverzüglich eine Farbdoppler-Sonographie durchgeführt. Hier zeigt sich entweder ein reduzierter oder ein normaler bis erhöhter Blutfluss. Mit der Sonographie können auch die anderen Ursachen des akuten Skrotums diagnostiziert werden. Hundertprozentige Diagnosesicherheit bei Verdacht auf eine Hodentorsion ist jedoch ausschließlich durch eine operative Freilegung des Hodens gegeben.

Komplikationen

Ein akutes Skrotum kann verschiedene Komplikationen hervorrufen. Zunächst kann es zu einer Ausbreitung der Entzündung auf Hoden und Nebenhoden kommen, einhergehend mit starken Schmerzen und Druckgefühlen im Bereich des Skrotums. Bei Berührung verstärken sich die Beschwerden meist erheblich und es kann begleitend zu Übelkeit und Fiebersymptomen kommen.

Im weiteren Verlauf besteht die Gefahr einer Kompression des Hodens oder einer Thrombose; beides kann in schweren Fällen zu einem Hodeninfarkt und dadurch in letzten Konsequenz zum Absterben des Hodens führen. Selten kann ein akutes Skrotum zum Kompartmentsyndrom mit starken Schmerzen am Skrotum, Spannungsgefühlen und Sensibilitätsstörungen wie Kribbeln und Taubheitsgefühlen führen. Auch die Entwicklung einer chronischen Epididymitis stellt ein Risiko dar.

Bildet sich aus dem akuten Skrotum eine gravierende, womöglich chronische Folgeerkrankung, kann dies zu Infertilität und anderen, ähnlich schweren Komplikationen führen. Die Fruchtbarkeit ist nach einem akuten Skrotum meist ebenfalls reduziert. Werden die Beschwerden frühzeitig behandelt, sind schwere Komplikationen allerdings fast immer zu vermeiden. Bei der Behandlung selbst gibt es dennoch Risiken: allergische Reaktionen auf Arzneimittel, schmerzhafte Skrotalabszesse und die Bildung von Fisteln nach einem operativen Eingriff.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einem akuten Skrotum sollte in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden. Auch wenn die Ursache für die Schwellung möglicherweise nicht schwerwiegend ist, sollte eine Untersuchung immer durchgeführt werden. Damit können irreversible Folgeschäden vermieden werden. In der Regel ist ein Arzt dann aufzusuchen, wenn es zu starken Schmerzen und zu einer Schwellung gekommen ist. Dabei treten vor allem heftige und stechende Schmerzen auf, die sich nicht selten auch in andere Regionen des Körpers ausbreiten können.

Sollte es dabei zu einer sogenannten Hodentorsion gekommen sein, muss unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Hierbei kann sich der Patient allerdings auch an ein Krankenhaus wenden oder einen Krankenwagen rufen. Je früher die Behandlung eingeleitet wird, desto geringer ist das Risiko von verschiedenen Folgeschäden und Potenzeinschränkungen.

Auch bei Taubheitsgefühlen in der Region der Weichteile und der Hoden ist eine ärztliche Behandlung notwendig. Sollte keine Behandlung eintreten, kommt es in vielen Fällen zu einer Unfruchtbarkeit. Diese ist in der Regel irreversibel und kann weiterhin zu starken psychischen Beschwerden führen und die Lebensqualität des Patienten erheblich verringern.

Behandlung & Therapie

Die Therapie des akuten Skrotums erfolgt abhängig von der Ursache. Während bei der Hodentorsion eine Operation nicht umgangen werden kann, nehmen die Symptome bei einer Hydatidentorsion in der Regel innerhalb weniger Tage spontan ab und verschwinden dann. Hoden- und Nebenhodenentzündungen erfordern eine medikamentöse Therapie mit Antibiotika.

Zudem sind Bettruhe, Hochlagerung und Kühlung des Hodens angezeigt. Auch Entzündungen von Samenleiter oder Samensträngen werden normalerweise mit Antibiotika therapiert. Die Therapie von Lymphödemen des Skrotums mittels manueller Lymphdrainage ist oft langwierig und nicht immer erfolgsversprechend.

Aussicht & Prognose

In den meisten Fällen leiden die Patienten beim akuten Skrotum an sehr starken Schmerzen in den Hoden. Diese Schmerzen sind für den Mann äußerst unangenehm und können sich dabei auch in andere Regionen des Körpers ausbreiten und auch dort zu Beschwerden führen.

In der Regel hängt der weitere Verlauf dieser Krankheit stark von der Ursache des akuten Skrotums ab. Meistens strahlen die Schmerzen auch in die Region der Leisten aus. Ebenso kommt es zu einer starken Erwärmung des Skrotums. Sollte diese Erwärmung über einen längeren Zeitraum anhalten, so kann dies zu einer Impotenz und damit zu einer Zeugungsunfähigkeit führen.

Nicht selten führt dies zu psychischen Beschwerden oder gar zu Depressionen. Weiterhin kommt es auch zu einer starken Schwellung am Hodensack. Die Hoden selbst können sich dabei taub anfühlen oder im schlimmsten Falle sogar absterben. Dies ist vor allem bei der sogenannten Hodentorsion der Fall.

Die Behandlung des akuten Skrotums erfolgt in der Regel kausal und symptomatisch. Die Beschwerden können mit Hilfe von Schmerzmitteln gelindert werden. Bei Entzündungen werden Antibiotika eingesetzt. In den meisten Fällen kommt es dabei zu einem positiven Krankheitsverlauf.


Vorbeugung

Einem akuten Skrotum lässt sich in der Regel nicht vorbeugen. Wichtig ist, bei starken Schmerzen im Hodenbereich unverzüglich einen Arzt aufzusuchen, damit eine Hodentorsion als Ursache des akuten Skrotums ausgeschlossen werden kann.

Nachsorge

Unter einem akuten Skrotum versteht man starke Schmerzen im Bereich der Hoden. Somit handelt es sich nicht um eine eigenständige Krankheit, sondern vielmehr um ein Symptom einer eigenständigen Erkrankung. In den meisten Fällen ist ein solches akutes Skrotum auf eine Entzündung der Hoden zurückzuführen, die durch entsprechende Medikamente effektiv gelindert werden kann.

Eine anschließende Nachsorge ist nach überstandener Krankheit sehr wichtig und bedeutsam, um ein erneutes Aufkeimen der Entzündung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Entscheidet sich die betroffene Person für eine medizinische beziehungsweise ärztliche Nachsorge, dann ist mit einem komplikationsfreien Krankheitsverlauf zu rechnen. Ist die Entzündung der Hoden abgeklungen, sollten weitere Besuche beim Arzt erfolgen.

Nur eine sorgsame Nachsorge kann frühzeitig eine erneute Entzündung der Hoden aufzeigen und eine rechtzeitig Behandlung herbeiführen. Entscheidet sich die betroffene Person gegen eine solche Nachsorge, so ist mit schwerwiegenden Komplikationen zu rechnen. Unter Umständen kann sich die Entzündung im gesamten Körper ausbreiten, sodass sogar die Gefahr einer Blutvergiftung besteht. Ein akutes Skrotum erfordert stets eine fachgerechte und entsprechende Nachsorge. Dadurch können unnötige und schwerwiegende Komplikationen von Grund auf vermieden werden. Die Entstehung eines neuen Skrotums wird mit einer Nachsorge im Keim erstickt.

Das können Sie selbst tun

Das akute Skrotum ist immer eine Notfallsituation, die eine medizinische Behandlung erfordert. Abhängig von ihrer Ursache, können die akuten Schmerzen durch einige Selbsthilfe-Maßnahmen und Hausmittel gelindert werden.

Liegt dem akuten Skrotum etwa eine Hodentorsion- oder prellung zugrunde, sollte der Hodensack ruhig gestellt werden. Der Hodensack darf nicht bewegt werden, um weitere Schmerzattacken und Verdrehungen des Hodens zu vermeiden. Außerdem sollte der Betroffene beruhigt und nach Möglichkeit von den intensiven Schmerzen abgelenkt werden.

Begleitend dazu können als Erste-Hilfe-Maßnahmen Kühlpackungen oder kalte Wickel aufgelegt werden. Zur Schmerzlinderung bieten sich auch Heilpflanzen wie Brennnessel, Baldrian oder Lavendel an, die entweder getrunken oder in Form von Salben aufgetragen werden. Diese Maßnahmen sollten immer in Rücksprache mit einem Arzt erfolgen, um Komplikationen zu vermeiden.

Nachdem die akuten Schmerzen gelindert wurden, sollte zur weiteren Abklärung ins Krankenhaus gegangen werden. Mitunter ist es notwendig, eine Entzündung medizinisch zu behandeln oder den Hoden operativ in die ursprüngliche Position zu bringen. Zudem muss der Auslöser für das akute Skrotum festgestellt werden. Der Arzt kann anschließend weitere Maßnahmen zur akuten Schmerzlinderung vorschlagen und Tipps zur Vorbeugung geben.

Quellen

  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Heidelberg 2015
  • Hautmann, R., Huland, H.: Urologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer, Berlin 2011

Das könnte Sie auch interessieren