Akutes Nierenversagen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Akutes Nierenversagen (ANV) kann eine lebensbedrohliche Erkrankung sein. Müdigkeit, verfärbter Urin und Wasser in den Beinen - kaum einer sorgt sich bei diesen Symptomen um seine Gesundheit.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein akutes Nierenversagen?

Das akute Nierenversagen bezeichnet die rasche Verschlechterung der Funktion einer oder beider Nieren.

Das akute Nierenversagen bezeichnet die rasche Verschlechterung der Funktion einer oder beider Nieren. Dies kann innerhalb weniger Stunden bis Tage geschehen. Bei einem akuten Nierenversagen filtern die Nieren nicht mehr richtig das Blut des Betroffenen.

Es wird kaum oder kein Harn mehr produziert und der Körper wird von innen regelrecht vergiftet. Wird das akute Nierenversagen nicht behandelt, droht Lebensgefahr. Am Anfang sind die Symptome eines akuten Nierenversagens unspezifisch und für den Laien nicht erkennbar: Müdigkeit, geringe Urinmengen oder Übelkeit.

Später kommen beim akuten Nierenversagen Wassereinlagerungen in den Beinen, Atemnot und Herzrhythmusstörungen hinzu. In schlimmen Fällen kann sich auch ein Lungen- oder Gehirnödem entwickeln. Dies kann zum Koma führen.

Ursachen

Akutes Nierenversagen ist keine eigenständige Krankheit. Es handelt sich um eine Folge von schweren Grunderkrankungen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauferkrankungen oder Durchblutungsstörungen der Nieren. Ursachen für akutes Nierenversagen liegen im plötzlichen Abfall des Blutdrucks. Oft ist auch die Durchblutung der Nieren gestört.

Schuld daran können Röntgenkontrastmittel, Antibiotika oder ACE-Hemmer sein. Akutes Nierenversagen kann auch durch Blut- und Flüssigkeitsverlust im Rahmen von Unfällen oder Operationen auftreten. Auch Entzündungen und Infektionen mit Viren oder Bakterien können akutes Nierenversagen verursachen.

Ursächlich können auch Nierensteine, Vergrößerung der Prostata, Tumore oder eine Verengung der Harnröhre sein. In seltenen Fällen wird akutes Nierenversagen durch eine Blutvergiftung oder Herzschwäche hervorgerufen.

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Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein akutes Nierenversagen verläuft in mehreren Phasen, innerhalb derer unterschiedliche Symptome auftreten. In der Phase des manifesten Nierenversagens ist die Harnausscheidung reduziert, wodurch es zu einer Muskelschwäche, akuter Übersäuerung und Herzrhythmusstörungen kommen kann. Außerdem kann eine Überwässerung auftreten, verbunden mit Lungen- oder Hirnödemen.

Typische Symptome in der diuretischen oder polyurischen Phase sind vermehrtes Wasserlassen und die daraus resultierenden Mangelerscheinungen. Bei einer chronischen Niereninsuffizienz treten die genannten Beschwerden dauerhaft auf und nehmen langfristig an Intensität zu. Bei einem positiven Verlauf verschwinden diese Symptome nach einiger Zeit wieder oder nehmen zumindest ab.

Eine Erholung der Nierenfunktion ist an einer Normalisierung des Harnverhaltens und dem Rückgang der Schmerzen zu erkennen. Ein akutes Nierenversagen äußert sich in erster Linie durch Bluthochdruck. Eine Hypertonie ist wiederum anhand der typischen Sehstörungen und Kopfschmerzen zu erkennen. Weiterhin kann es bei einer Urämie zu Müdigkeit, Fieber und Ödembildung kommen.

Vor allem im Bereich der Augen, aber auch an den Beinen und den Armen bilden sich Flüssigkeitsansammlungen, die wiederum mit Funktionsstörungen und Bewegungseinschränkungen verbunden sind. Ein akutes Nierenversagen kann außerdem Schmerzen und eventuell auch Sensibilitätsstörungen und Juckreiz in der Nierengegend hervorrufen.

Diagnose & Verlauf

Beim Verdacht auf akutes Nierenversagen werden der Urin und das Blut des Patienten untersucht. Gestiegene Werte beim Kreatinin und beim Harnstoff sichern die Diagnose ab. Auch die Blutsalze sind beim akuten Nierenversagen verändert.

So ist der Kaliumspiegel merklich erhöht. Der Arzt untersucht neben der Urinmenge auch Salzgehalt und Gewicht des Urins. Beim akuten Nierenversagen ist im Ultraschall eine vergrößerte Niere erkennbar. Der Ultraschall kann auch störende Nierensteine in den Harnwegen nachweisen. Ist die Diagnose trotzdem noch unsicher, kann eine Gewebeprobe entnommen werden. Auch eine Röntgenaufnahme kann hilfreich sein.

Der Verlauf bei einem akuten Nierenversagen richtet sich zuerst nach der vorhandenen Grunderkrankung. Liegt eine Schädigung der Nieren vor, verläuft das akute Nierenversagen weniger positiv. Häufig entsteht daraus ein chronisches Nierenversagen. Manchmal kann das akute Nierenversagen auch in einem Multiorganversagen münden und tödlich enden. Ansonsten ist bei frühzeitiger Behandlung ein spurenloses Ausheilen normal.

Komplikationen

Ein akutes Nierenversagen hat vor allem Störungen des Flüssigkeits- und des Elektrolythaushaltes zur Folge. Dadurch, dass die Niere nicht mehr richtig arbeiten kann, wird viel weniger Wasser filtriert, wodurch dieses in unserem Körper verbleibt. Dabei steigt das Volumen des Blutes an und das Herz muss in Folge dessen stärker pumpen, ein erhöhter Blutdruck ist dabei die Folge (Hypertonie).

Außerdem wird so vermehrt Flüssigkeit aus den Gefäßen in das Gewebe abgepresst, so dass Ödeme entstehen. In den schlimmsten Fällen kommt es zu einem Schlaganfall oder einem Lungenödem, was zu einer starken Atemnot führt und das rechte Herz überlastet. Durch die erhöhte Herzarbeit kann es zu einer dauerhaften Herzschwäche (Herzinsuffizienz) kommen.

Diese kann in einen Herzinfarkt übergehen. Der veränderte Elektrolythaushalt führt zu einer Hyperkaliämie, was Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) begünstigt, die das Risiko eines Herzinfarktes und auch eines Herztodes erhöht. Auch der Säure-Base-Haushalt wird verändert, das Blut übersäuert, was ebenfalls eine Hyperkaliämie verursacht und damit ebenfalls Herzrhythmusstörungen begünstigt.

Der Körper ist bei einem akuten Nierenversagen zudem anfälliger gegenüber Infektionen. Außerdem entstehen häufiger Blutungen im Magen-Darm-Bereich, die zu Übelkeit und Erbrechen führen. Das Nierenversagen ruft zudem eine Blutarmut (Anämie) hervor und kann zu einem Vitamin-D-Mangel führen. Die Gefahr besteht zudem, dass im schlimmsten Falle eine Dialyse oder sogar eine Organtransplantation nötig wird.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei dem Verdacht auf ein akutes Nierenversagen sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden. Medizinischer Rat ist vor allem dann gefragt, wenn die ausgeschiedene Urinmenge im Verlauf weniger Tage immer weiter abnimmt und sich gleichzeitig Flüssigkeit in den Gliedern einlagert. Kommen Begleitsymptome wie Atemnot, Herzstolpern oder Schweißausbrüche hinzu, empfiehlt sich der Gang in die Notaufnahme.

Der Notarzt sollte alarmiert werden, wenn die Beschwerden zu einem starken körperlichen Unwohlsein oder extremer Müdigkeit führen. Bei Problemen während des Wasserlassens oder Schmerzen im Bereich der Niere muss ein Arzt hinzugezogen werden. Patienten mit einer Vorerkrankung der Nieren sowie andere Risikogruppen (Schwangere, Kinder, ältere Menschen, Patienten mit einer Immunschwäche) sollten bei dem Verdacht auf eine Niereninsuffizienz umgehend mit dem zuständigen Arzt sprechen.

Auch ist medizinischer Rat erforderlich, wenn es immer wieder zu vorübergehenden Problemen beim Urinieren oder zu leichten Nierenschmerzen kommt. Dann liegt womöglich eine Schädigung der Niere vor, die längerfristig zu einem akuten Nierenversagen führen kann.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung eines akuten Nierenversagens richtet sich nach der Ursache. Fast immer erfodert akutes Nierenversagen eine hohe Zufuhr von Flüssigkeit. Infusionen sind nötig. Akutes Nierenversagen verlangt das Absetzen von schädigenden Medikamenten. Stattdessen ist die Einnahme von harnbildenden Medikamenten notwendig. Dazu gehört in erster Linie der Wirkstoff Furosemid.

Es ist wichtig, in diesem Stadium nicht zuviel zu trinken, damit keine Überwässerung entsteht. Erst, wenn der Körper wieder selbst Urin bildet, sollte ausreichend Flüssigkeit zugeführt werden. Tritt nach medikamentöser Gabe immer noch keine Verbesserung des akuten Nierenversagens ein, muss der Patient zur Dialyse, zur Blutwäsche. Schädliche Substanze werden so lange aus dem Blut herausgespült, bis die Nieren ihre Funktion wieder von allein aufnehmen.

Die Heilungschancen beim akuten Nierenversagen sind bei rechtzeitiger Behandlung sehr gut. Viele Patienten verfügen wieder über normal arbeitende Nieren. Sie sind nach der Therapie völlig beschwerdefrei. Kann jedoch das Versagen der Nieren auch auf Dauer nicht gestoppt werden, steht an letzter Stelle beim akuten Nierenversagen die Transplantation einer neuen Niere.

Aussicht & Prognose

Bei einem akuten Nierenversagen hängen Aussicht und Prognose unter anderem vom Zeitpunkt der Behandlung und möglichen Vorerkrankungen ab. So sind Patienten, die bereits einmal ein Nierenversagen erlitten haben, wesentlich anfälliger für ein fortschreitendes Nierenversagen. Wurde in der Vergangenheit bereits einmal eine Dialysebehandlung durchgeführt, verschlechtert sich die Aussicht auf eine vollständige Erholung der Nierenfunktion zusätzlich.

Die eigentliche Prognose ist allerdings relativ positiv. Kann die Harnausscheidung erhalten werden, ist die Aussicht auf eine vollständige Genesung gegeben. Ein akutes Nierenversagen kann jedoch auch mit verschiedenen Komplikationen verbunden sein, welche die Prognose verschlechtern. So können Begleiterscheinungen wie Bluthochdruck oder Ödeme zu dauerhaften Gesundheitsproblemen führen, die ein ganzes Leben lang behandelt werden müssen.

Durch die erhöhten Kaliumwerte im Blut kann es auch zu einer Hyperkaliämie kommen, die sich unbehandelt schnell zu einem Notfall entwickelt. Eine Übersäuerung der Niere kann abhängig von der Schwere des Symptoms zu schweren Herzrhythmusstörungen und selten auch zum Herzinfarkt führen. Desweiteren können ebenfalls Magengeschwüre und Blutungen auftreten, die einer weiteren Behandlung bedürfen. Aufgrund der Vielfalt der möglichen Komplikationen, kann eine abschließende Prognose nur vom behandelnden Arzt gestellt werden.

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Vorbeugung

Einem akuten Nierenversagen kann man nur durch regelmäßige Kontrollbesuche beim Arzt vorbeugen. Er untersucht beispielweise den Urin auf verdächtige Eiweißspuren und misst den Kaliumspiegel im Blut. Damit sich während einer Operation kein akutes Nierenversagen entwickelt, werden alle Körperfunktionen intensiv überwacht. Vor jeder Medikamenteneinnahme sollte der Hausarzt befragt werden. Schließlich können auch frei verkäufliche Medikamente, insbesondere Schmerzmittel, akutes Nierenversagen verursachen.

Nachsorge

Bislang fand nur in sehr seltenen Fällen eine Nachsorge nach einem akuten Nierenversagen statt. Das hat sich mittlerweile aber verändert. Um Komplikationen zu verhindern, die zum Tod führen können, empfehlen manche Mediziner die Vorstellung bei einem Nephrologen. Gerade Patienten, die sich über einen längeren Zeitraum im Krankenhaus aufgehalten haben, nützt dieses Verfahren.

Personen, die eine Klinik verlassen, werden ausgiebig über den weiteren Ablauf informiert. In einem Gespräch erhalten sie Angaben über die weitere Medikation. Bei einer schweren Ausprägung ist meist eine ambulante Dialyse notwendig. Erkrankte bekommen einen Zeitplan, wann künftige Blutwäschen stattfinden. Zudem müssen sie manchmal eine Zeit lang eine proteinarme Diät einhalten. Finden weitere Behandlungen statt, werden diese regelmäßig durch den Hausarzt veranlasst.

Das akute Nierenversagen ist von einer chronischen Ausprägungsform abzugrenzen. Eine ausreichende Behandlung führt bei der plötzlich auftretenden Form dazu, dass die Niere ihre Arbeit wieder vollständig aufnehmen kann. Demgegenüber führt die chronische Ausprägung meist zum schleichenden Verlust der Organfunktion. Da eine Behandlung nach akutem Nierenversagen somit zum Abschluss kommt, führt die Nachsorge ein Schattendasein. Es gibt keinen Grund eine Behandlung angesichts des Fehlens von Beschwerden fortzusetzen.

Das können Sie selbst tun

Bei dem Verdacht auf ein akutes Nierenversagen sollte in jedem Fall ein Arzt konsultiert werden. In Ergänzung dazu sollten mögliche Auslöser ermittelt und für den Arztbesuch festgehalten werden. Patienten, die beispielsweise regelmäßig Medikamente einnehmen oder bereits einmal unter Dehydration gelitten haben, sollten diese Ursachen als Grund für die Niereninsuffizienz in Betracht ziehen.

Anschließend gilt es, den möglichen Komplikationen eines Nierenversagens vorzubeugen, indem ausreichend getrunken, der Elektrolyt-Haushalt aufgefüllt und der Körper geschont wird.

Ist die akute Niereninsuffizienz bereits eingetreten, muss umgehend ein Notarzt gerufen werden. Begleitend dazu sind Erste-Hilfe-Maßnahmen anzuwenden. In den ersten Stadien der Erkrankung kann versucht werden, die Nierenfunktion durch Flüssigkeitszufuhr wieder herzustellen. Zeigt der Betroffene bereits starke Krankheitszeichen, müssen die jeweiligen Symptome gelindert werden. Daneben muss der Kreislauf möglichst schnell stabilisiert werden, um weitere Komplikationen zu vermeiden.

Ist der Betroffene bereits nierenkrank, können nach Rücksprache mit diesem entsprechende Präparate (Dopamin, Diuretika, ANP) verabreicht werden, um die Nierenfunktion wiederherzustellen. Anschließend muss der Rettungsdienst über die Konstitution des Patienten und dessen Erkrankung informiert werden, um eine rasche und gezielte Behandlung zu ermöglichen.

Quellen

  • Lohr, M., Keppler, B.: Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2005
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012
  • Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer, Berlin 2011

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