Akuter Gichtanfall

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Gicht ist eine schwere Systemerkrankung, die bereits seit Generationen bekannt ist, Gelenke und die Haut befällt und zerstört und in dieser schweren Ausprägung heutzutage dank frühzeitiger Therapie glücklicherweise sehr selten geworden ist. Was es aber immer noch häufig gibt, ist den akuten Gichtanfall, oftmals Erstsymptom einer Störung des Harnsäurestoffwechsels. Er äußert sich mit einem schmerzhaft geschwollenen Zeh, meist nach Grillfesten mit reichlichem Alkoholgenuss.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein akuter Gichtanfall?

Betroffen bei einem Gichtanfall ist in den allermeisten Fällen das Großzehengrundgelenk, was sich durch plötzliche Schwellung, Rötung und starke Schmerzen bemerkbar macht.

Bei einem akuten Gichtanfall kommt es durch eine kurzfristige Überlastung des Körpers mit Harnsäure zum Ausfall der Harnsäurekristalle in Gelenkspalten.

Betroffen ist in den allermeisten Fällen das Großzehengrundgelenk, was sich durch plötzliche Schwellung, Rötung und starke Schmerzen bemerkbar macht. Der Gichtanfall ist somit Ausdruck der Entgleisung eines ohnehin erhöhten Harnsäurespiegels, welcher in der Folge dauerhaft therapiert werden sollte.

Ursachen

Harnsäure ist ein Endprodukt aus dem Stoffwechsel der Purine, Bestandteilen unserer DNA. Hier erklärt sich auch, warum der akute Gichtanfall oft nach Grillfesten auftritt:

Überdurchschnittlicher Fleischgenuss überlädt den Körper kurzfristig mit Purinen (schließlich besteht Tierfleisch auch aus DNA), der Alkoholgenuss zum Grillfleisch beschäftigt zudem die Leber, und schon steigt der Harnsäurespiegel über die Schwelle an.

Betroffen sind meist Männer, die dann am nächsten Morgen früh durch die Schmerzen im großen Zeh geweckt werden. Über Nacht haben sich dort Harnsäurekristalle angesammelt, denn wenn die Harnsäure zu Kristallen wird und aus der Blutbahn verschwindet, so kann sie im restlichen Körper keinen größeren Schaden mehr anrichten.

Der Harnsäurespiegel im Blut war übrigens bei den meisten Betroffenen vorher schon zu hoch, ist jedoch nicht bemerkt worden: Die sogenannte Hyperurikämie macht auch erst einmal lange Zeit keine Beschwerden. Sie kann Folge genetischer Prädestination, einer Mangelfunktion der Niere oder auch übermäßiger Harnsäureproduktion sein, letzteres unter anderem bei Tumorerkrankungen mit einer erhöhten Zellteilungsrate. Auch Medikamente wie z.B. Diuretika können den Harnsäurespiegel beeinflussen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Im frühen Stadium der Gicht zeigen sich oftmals gar keine Symptome. In manchen Fällen hält diese asymptomatische Phase mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte an. Ohne dass der Patient es bemerkt, kommt es in diesem Zeitraum im Blut zu einem Anstieg des Harnsäurespiegels, was zu einer Hyperurikämie führt.

Überschreitet die Harnsäurekonzentration einen kritischen Wert, führt dies zum Auftreten von Beschwerden. So kommt es zur Entstehung von Harnsäurekristallen, die sich innerhalb der Gelenke einlagern, wodurch wiederum ein akuter Gichtanfall droht. Besonders davon betroffen ist das Grundgelenk der Großzehen.

Typisch für einen akuten Gichtanfall ist, dass er abrupt und ohne jegliche Vorwarnung auftritt. Mitten in der Nacht oder am frühen Morgen zeigen sich plötzlich stark ausgeprägte Schmerzattacken. Das betroffene Gelenk reagiert überaus sensibel auf Berührungen und Bewegungen. Außerdem schwillt es teigig an und rötet sich. Des Weiteren leidet es unter Überwärmung. Nicht selten geht ein akuter Gichtanfall mit Fieber einher.

Unter den Beschwerden eines akuten Gichtanfalls leidet der Betroffene mitunter mehrere Stunden oder sogar einige Tage. Erfolgt keine medizinische Behandlung, treten die Anfälle in immer kürzeren Zeitabständen auf. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass sie auf andere Gelenke übergehen. So werden nicht selten auch das Kniegelenk, das Sprunggelenk, die Daumengelenke oder die Mittelfußgelenke von den Schmerzen befallen. Im weiteren Verlauf kann die Gicht ein chronisches Ausmaß annehmen.

Diagnose & Verlauf

Aus völliger Gesundheit kommt es also beim akuten Gichtanfall plötzlich zur Entzündung des Großzehengrundgelenkes, seltener auch des Sprunggelenks, des Knies oder des Daumengrundgelenkes. Die Bettdecke wird dabei oft nicht ertragen. Andere Symptome neben der Schwellung, Rötung und den Schmerzen bestehen im Allgemeinen nicht, nach einigen Tagen bis zu drei Wochen klingen die Beschwerden von allein wieder ab.

Komplikationen

Ein akuter Gichtanfall bedarf ärztlicher Behandlung. Werden die Symptome falsch behandelt oder ignoriert, sind weitreichende Komplikationen die Folge. Gicht befällt die Gelenke. Die betroffene Stelle schwillt stark an und es kommt zu starken Schmerzschüben. Unterschiedliche Entzündungsreaktion wie Überwärmung und eine Rötung des Gelenks sowie Fieber sind je nach fortgeschrittenem Stadion weitere Beschwerdefolgen.

Es treten Weichteilknoten sowie sichtbare Gelenkdeformationen in Erscheinung, die sich bis zur Bewegungsunfähigkeit steigern können. Die Krankheit basiert auf einer Purin-Stoffwechselerkrankung, welche den Harnsäure-Spiegel negativ beeinflusst und Menschen jeden Alters befallen kann. Zumeist wird sie erst in den späteren Lebensjahren entdeckt und behandelt.

Ist die Gicht dann bereits zu weit fortgeschritten, zeigt das Röntgenbild Kristallablagerungen, welche den gesamten Körper sowie die Organe befallen können. Diese Art der Gichttophi kommt eher selten vor. Als sehr ernste Komplikation bei nichtbehandelten Gicht-Anfällen kann der Harnsäure-Wert hoch ansteigen, dass die Niere in ihrer Funktion bleibend beeinträchtigt wird.

In den Nieren lagern sich Harnsäurekristalle ab und es drohen Nierensteine. Im schlimmsten Fall Funktionsversagen. Ist der Patient in ärztlicher Behandlung, kann der akute Gichtanfall relativ problemfrei abklingen. Jedoch besteht jederzeit die Gefahr eines Neuausbruchs. Mit einer gesunden Lebensweise und der richtigen Medikation können die meisten Komplikationen und Schmerzen umgangen werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Treten bei einem akuten Gichtanfall neben den typischen Gelenkschmerzen und der Überwärmung Symptome wie hohes Fieber, starkes Krankheitsgefühl und Erbrechen auf, sollte ein Arzt konsultiert werden. Bei einem schweren Gichtanfall kann es sein, dass der Harnsäurespiegel stark erhöht ist, so dass Harnsäure in den Gelenken, Schleimbeuteln, im Unterhautfettgewebe und im Mark der Nieren auskristallisiert.

Dies ist der Fall, wenn eine Konzentration von mehr als acht Milligramm pro Deziliter Blut festgestellt wird. Die sich bildenden Harnsäuresteine schädigen bei unbehandelten und häufig wiederkehrenden Gichtanfällen die Nieren; in seltenen Fällen kann dies zu Nierenversagen führen. Nach Prüfung des Harnsäurewerte verordnet der Arzt entzündungshemmende Schmerzmittel sowie Urikostatika zur Hemmung der Harnsäurebildung und Urikosurika, die die Ausscheidung der Harnsäure fördern.

Die ärztliche Behandlung von Gicht durch den Hausarzt ist zur Diagnosestellung und Therapie ausreichend. Halten die Beschwerden an oder gelingt es nicht, den Harnsäurewert dauerhaft zu senken, kann es sinnvoll sein, einen Ernährungsberater aufzusuchen. Dieser hilft bei der Zusammenstellung eines purinarmen Speiseplans, der für die Vorbeugung von Gichtanfällen unerlässlich ist.

Behandlung & Therapie

Möchte man nicht solange warten, sollte man einen Arzt aufsuchen. Dieser kann den Harnsäurewert des Blutes bestimmen (der im akuten Anfall aber paradoxerweise oft nicht einmal erhöht ist) und dann allein anhand der sehr typischen Symptomatik mit geeigneten Schmerzmedikamenten wie Diclofenac therapieren.

Colchicin ist ein weiteres mögliches Medikament, welches beim Gichtanfall normalerweise hervorragend funktioniert und damit quasi "im Nachhinein" die Diagnose sichert. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen ist es aber nur ein Mittel zweiter Wahl. Auch Glukokortikoide wie Prednison sind mögliche Varianten in der Therapie des akuten Anfalls.

Aussicht & Prognose

Wer unter akuten Gichtanfällen leidet kann damit rechnen, dass die starke Berührungsempfindlichkeit aber auch Fieber und das allgemeine Krankheitsgefühl weiter zunehmen.

Deshalb sind zunehmende Kopfschmerzen, erhöhte Pulswerte und Erbrechen nichts ungewöhnliches bei Menschen mit akuten Gichtanfällen. Trotz Ernährungsumstellung und medikamentöser Behandlung kann es zu Nierensteinen kommen. Insbesondere dann, wenn der Harnsäurewert über 9mg/dl liegt.

Liegen bereits knöcherne Veränderungen (Verformungen oder Versteifungen) an den Gelenken vor, sind Bewegungseinschränkungen bis hin zur Invalidität und Nierenschäden (Gichtniere), die im schlimmsten Fall mittels Dialyse behandelt werden müssen, nicht auszuschließen. Eine Schädigung der Haut nimmt zu, je häufiger die Gichtanfälle auftreten.

Die Prognose beinhaltet auch, dass es zu Bluthochdruck und einem erhöhten Blutzuckerspiegel kommen kann. Damit ist das metabolische Syndrom angesprochen, in dessen Zusammenhang ein akuter Gichtanfall häufig auftreten kann.

Die Prognose hängt vom Zeitpunkt der Diagnose ab sowie dem Verlauf der Krankheit, der Therapie und auch stark von der Mitwirkung des Patienten - insbesondere in puncto Ernährungsumstellung, Verzicht auf Alkohol und mehr Bewegung.


Vorbeugung

Damit aus einem akuten Gichtanfall aber auf Dauer keine chronische Gicht wird, sind vorbeugende Maßnahmen und eine medikamentöse Dauertherapie die wichtigsten Maßnahmen.

Zunächst einmal steht dabei eine Diät im Vordergrund, mit Gewichtsnormalisierung und ausreichender Trinkmenge, fleischarmer Kost (um die aufgenommenen Purine zu minimieren) und dem Verzicht auf Alkohol. Harte Kost für einen Lebemann/frau - doch die chronische Gicht mit dauerhafter Gelenk- und Knochenzerstörung und dem Durchbrechen der Harnsäurekristalle durch die Haut kann und sollte nur auf diese Weise verhindert werden.

Eine regelmäßige Kontrolle des Harnsäurespiegels durch den Hausarzt ist für die Überwachung der Therapie unumgänglich. Erst wenn der Spiegel über 9 mg/dl steigt, sollte man zudem medikamentös tätig werden: Allopurinol ist eines der häufigst verordneten Medikamente in der Hausarztpraxis und kann den Anfall an Harnsäure im Stoffwechsel reduzieren.

Es hat jedoch, wie jedes andere Arzneimittel auch, potenzielle Nebenwirkungen und sollte daher erst angesetzt werden, wenn konservative Maßnahmen (also die leidige Diät) versagt haben. Dann kann es aber dennoch zu einem Abfall des Harnsäurespiegels beitragen und das Fortschreiten der Gicht sowie weitere schmerzhafte Anfälle verhindern.

Das können Sie selbst tun

Um in Notfall reagieren zu können, sollten Betroffene stets ihre verschriebenen Schmerzmittel (z.B. Diclofenac oder Colchicin) bei sich tragen. Tauchen die ersten Symptome auf, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.

Damit sich aus einem akuten Gichtanfall auf längere Sicht keine chronische Gicht bildet, existieren neben der medikamentösen Dauerbehandlung einige vorbeugende Maßnahmen. Im Vordergrund steht dabei eine ausgewogene Ernährung. Gegebenenfalls muss eine Diät in Erwägung gezogen werden, um zurück zum Normalgewicht zu kehren.

Die Ernährung sollte also möglichst gesund ausfallen. Es empfiehlt sich der Verzehr von viel frischem Obst und Gemüse. Verzichtet werden sollte hingegen auf Fertigprodukte oder Fast Food. Weiterhin sollte darauf geachtet werden, dass ausreichend Flüssigkeit (bestenfalls Wasser) zu sich genommen wird, um so die Nierentätigkeit anzuregen. Dies beschleunigt den Abbau der überschüssigen Harnsäure.

In jedem Fall sollte sich der Betroffene möglichst fleisch- und fettarm ernähren. Durch den relativ hohen Puringehalt von Fleisch trägt sein Konsum zur Erhöhung der Harnsäurewerte bei. Dies ist vor allem bei einer erblichen Vorbelastung zu beachten. Verschiedene Lebensmittel, wie z.B. Zitronensaft, Apfelessig, Olivenöl, aber auch Natron oder Weizengrassaft, können förderlich sein, um den Harnsäurespiegel zu senken.

Viel Bewegung kann dabei helfen, das Körpergewicht zu optimieren. Übermäßig vorhandenes Fettgewebe kann ebenfalls die Harnsäureproduktion erhöhen. Zusätzlich ist ein Verzicht auf Alkohol unumgänglich.

Quellen

  • Biesalski, H., Bischoff, S., Puchstein, C.: Ernährungsmedizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Leitzmann, C. et al.: Ernährung in Prävention und Therapie. Hippokrates, Stuttgart 2009
  • Hettenkofer, H., Schneider, M., Braun, J.: Rheumatologie. Thieme, Stuttgart 2015

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