Achard-Thiers-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Achard-Thiers-Syndrom ist ein Krankheitsbild, das sich durch die Kombination aus Stammfettsucht, Hypertrichose und Diabetes auszeichnet. Als Ursache des Syndroms kommen vor allem ein Nebennierenrindentumor oder ein basales Hypophysenadenom in Frage.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Achard-Thiers-Syndrom?

Als Ursache des Das Achard-Thiers-Syndroms kommen vor allem ein Nebennierenrindentumor (siehe Abbildung) oder ein basales Hypophysenadenom in Frage.

Beim Achard-Thiers-Syndrom handelt es sich um ein Krankheitsbild mit den Kernmerkmalen Stammfettsucht, Hypertrichose und Diabetes mellitus. Der Name des Syndroms leitet sich von Emile Achard und Joseph Thiers ab.

Die beiden französischen Mediziner beschrieben das Krankheitsbild erstmals im Jahr 1921 und verliehen ihm wegen der beiden auffälligsten Merkmalen die Bezeichnung „Diabetes bärtiger Frauen“, die heute jedoch als veraltet gilt.

Ursachen

Das Achard-Thiers-Syndrom bildet keine isolierte klinische Erscheinung, sondern basiert auf einer anderen Erkrankungen. In der Regel handelt es sich dabei um einen Tumor, der entweder ein basophiles Hypophysenadenom oder einen Nebennierenrinden-Tumor darstellt. Das Basophile Hypophysenadenom betrifft die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) zählt allgemein zu den gutartigen Tumoren, kann jedoch Auswirkungen auf die Funktionen im menschlichen Körper haben.

Einige Hypophysenadenome produzieren Hormone; je nach Art der Hormone, die sie absondern, teilt die Medizin diese Tumore deshalb auch in verschiedene Arten ein. Die andere Art von Tumor, die als Ursache des Achard-Thiers-Syndroms in Frage kommt, betrifft die Nebennierenrinde.

Wie die Hirnanhangsdrüse spielt auch die Nebennierenrinde eine wichtige Bedeutung bei der hormonellen Regulation des Organismus. Beide können deshalb ein Ungleichgewicht in der Zusammensetzung und Konzentration der Hormone hervorrufen, die unter anderem den Bartwuchs zufolge hat, der bei diesem Syndrom so auffällig ist.

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Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein auffälliges Symptom des Achard-Thiers-Syndroms ist der Bartwuchs (Hirsutismus) der betroffenen Frauen, der auf eine erhöhte Konzentration von männlichen Geschlechtshormonen im weiblichen Körper zurückgeht. Diese sind auch als Androgene bekannt und umfassen unter anderem Testosteron, Androsteron, Corticosteron und weitere.

Bartwuchs bei Frauen beziehungsweise Hirsutismus kann jedoch auch auf andere Ursachen zurückgehen und ist – wie die übrigen Symptome – kein Alleinstellungsmerkmal des Achard-Thiers-Syndroms. Gleichzeitig ist es möglich, dass die Haare an anderen Stellen des Körpers ausfallen, beispielsweise auf dem Kopf. Darüber hinaus leiden Betroffene unter Diabetes mellitus; die Krankheit ist im Volksmund auch als „Zuckerkrankheit“ bekannt und stellt eine Stoffwechselstörung dar, die zu einer fehlerhaften Regulation des Energiehaushalts im menschlichen Körper führt.

Das Achard-Thiers-Syndrom geht typischerweise mit Adipositas (Fettleibigkeit) und arterieller Hypotonie (erhöhtem Blutdruck) einher. Bei Frauen kann das Krankheitsbild darüber hinaus zum Ausbleiben der Menstruation führen; die Medizin bezeichnet diesen Zustand als Amenorrhoe. In einigen Fällen kann es bei Patientinnen mit Achard-Thiers-Syndrom zu einer vergrößerten Klitoris kommen, was entweder von Geburt an präsent oder zu einem späteren Zeitpunkt im Leben entwickelt sein kann.

Diagnose & Verlauf

Ärzte diagnostizieren das Achard-Thiers-Syndrom in der Regel auf Grundlage des klinischen Erscheinungsbilds, da es durch eine Kombination verschiedener Symptome gekennzeichnet ist. Der Bartwuchs (Hirsutismus) ist äußerlich gut sichtbar und verlangt nach keiner aufwändigen Diagnostik. Eine spezielle Blutuntersuchung kann in der Regel Diabetes mellitus sichtbar machen.

Komplikationen

Ursächlich für das Achard-Thiers-Syndrom ist ein Hypophysenadenom, häufigste Begleiterscheinungen sind das Auftreten eines Diabetes mellitus, Adipositas, Ausbleiben der Menstruationsblutung, Haarausfall und Hirsutismus. Das Hypophysenadenom kann mit der Gabe von Medikamenten oder durch eine Operation therapiert werden. Im Falle einer Operation bestehen die allgemeinen Komplikationsrisiken, etwa das Auftreten von Thrombosen, Lungenembolien oder Wundheilungsstörungen.

Bleibt ein Achard-Thiers-Syndrom unbehandelt, so entstehen aus den zahlreichen Begleiterscheinungen teilweise erhebliche Komplikationen. Von Diabetes mellitus Betroffene etwa leiden unter Schädigungen der Augen oder der Nieren, im ungünstigsten Fall droht ein diabetischer Fuß oder ein diabetisches Koma. Adipositas (Fettsucht) führt unbehandelt zu zahlreichen gesundheitlichen Einschränkungen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schädigungen an Knochen und Gelenken, Ausbilden einer Diabetes Typ II.

Die Überproduktion männlicher Hormone führt nicht selten zu Störungen der Fertilität (Fruchtbarkeit), polyzystische Ovarien in Kombination mit dem Ausbleiben der Regelblutung verhindern das Eintreten einer Schwangerschaft. Für Frauen mit Hirsutismus (verstärkter Haarwuchs) oder Haarausfall sind vor allem die psychischen Folgen des Achard-Thiers-Syndrom erheblich, da das Erscheinungsbild der Frauen mit dem gängigen Schönheitsideal nicht harmoniert.

Allgemein ist zu beobachten, dass vor allem die psychischen Auswirkungen eines unbehandelten Achard-Thiers-Syndroms erhebliche negative Auswirkungen mit sich bringen. Ein erheblicher Anteil der betroffenen Frauen leidet unter Depressionen bis hin zu einem vollständigen Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Diese Sonderform des Diabetes mellitus vom Typ 2 gehört immer in die Hand eines Arztes. Da die Erkrankung in dieser Form relativ selten auftritt, sollte es sich um einen Spezialisten handeln. Geeignet wäre beispielsweise ein Endokrinologe. Wenn eine Frau nach der Menopause ein Achard-Thiers-Syndrom entwickelt, steckt meistens ein gutartiger Tumor dahinter.

Mit einer endokrinologischen Komplexerkrankung wie dieser ist nicht zu spaßen. Daher ist es notwendig, bei einem Diabetes mellitus plus Adipositas und Haarausfall eine engmaschige ärztliche Überwachung zu installieren. Wenn auch noch Bluthochdruck und eine Überproduktion männlicher Geschlechtshormone vorliegen, liegt der Verdacht auf einen Tumor an der Hypophyse oder der Nebennierenrinde nahe. Problematisch ist, dass die einzelnen Symptome in einen Zusammenhang gebracht werden müssen, statt einzeln betrachtet und behandelt zu werden.

Üblicherweise schildert man dem selben Arzt aber nur selten, dass man neben der bereits bestehenden Diagnose eines Diabetes mellitus auch plötzlich an Haarausfall und verstärktem Bartwuchs leidet. Die Adipositas hingegen ist für den Arzt offensichtlich. Ob der Mediziner aber eins und eins zusammenzählt, wenn der Patient zusätzlich zu den anderen Symptomen Bluthochdruck entwickelt, ist fraglich. Eine Überproduktion der Gestagene wird bei einem Hormontest festgestellt. Dieser wird vom Gynäkologen veranlasst - aber nur, wenn dieser einen Anlass für einen Hormontest sieht.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Achard-Thiers-Syndroms weicht je nach individuellen Bedingungen des Krankheitsbilds ab. Das Syndrom stellt in der Regel die Folge einer anderen Krankheit dar, die ursächlich zugrundeliegt; dementsprechend spielt die Behandlung dieser Grunderkrankung auch bei der Therapie des Achard-Thiers-Syndroms eine entscheidende Rolle.

Die „Zuckerkrankheit“ Diabetes mellitus ist dabei nur ein Aspekt von vielen, wobei Patientinnen die medikamentöse Therapie von Diabetes durch Veränderungen im persönlichen Lebensstil unterstützen können. Bewegung und eine ausgewogene, gesunde Ernährung gehören unter diesem Gesichtspunkt zu wichtigen Entscheidungsgrößen.

Eine mögliche Ursache des Achard-Thiers-Syndroms ist ein basophiles Hypophysenadenom. In einem solchen Fall kommt oft eine operative Entfernung des Tumors in Frage. Je nach Art des Adenoms kommen des Weiteren verschiedene medikamentöse Behandlungsoptionen in Betracht, die wiederum von den individuellen Faktoren des Einzelfalls abhängen.

Zusätzliche Symptome und Folgen des basophilen Hypophysenadenoms verlangen ebenfalls nach einer angemessenen Behandlung. Zum Beispiel ist es möglich, dass sich infolge des Tumors eine Überfunktion der Schilddrüse entwickelt, wenn der Tumor entsprechende Hormone bildet. Unter Umstände behandeln Ärzte diese mit weiteren Medikamenten, die das Ziel verfolgen den Spiegel der Schilddrüsenhormone wieder zu normalisieren.

Liegt dem Achard-Thiers-Syndrom ein Tumor in der Nebennierenrinde zugrunde, kommt in vielen Fällen eine operative Behandlung in Betracht. Während dieses Eingriffs entfernen Ärzte das Krebsgewebe aus der Nebennierenrinde nach Möglichkeit vollständig und lassen dabei so viel gesundes Gewebe unberührt wie sicher erscheint.

Da die Nebennierenrinde eine wichtige Stellung im Hormonhaushalt des menschlichen Organismus einnimmt und unter anderem auch für den Hirnstofffwechsel von Bedeutung ist, nehmen Patientinnen anschließend eventuell entsprechende Medikamente ein. Diese sollen die ausfallende oder eingeschränkte hormonelle Leistung des Nebennierenrinden-Gewebes ersetzen.

Aussicht & Prognose

Das Achard-Thiers-Syndrom führt zu sehr unangenehmen Komplikationen. Vor allem Frauen sind durch das Syndrom von einem starken Bartwuchs betroffen. Dadurch kommt es in vielen Fällen zu Minderwertigkeitskomplexen und zu einem verringerten Selbstwertgefühl. Teils werden die Betroffenen auch depressiv und leiden an weiteren psychischen Beschwerden. Allerdings können an anderen Regionen des Körpers die Haare auch ausfallen oder es kommt zum Diabetes.

Durch die Störung des Stoffwechsels tritt auch eine Fettleibigkeit auf, die zu weiteren Beschwerden und zu einer Bewegungseinschränkung führt. Auch das Herz ist durch die Fettleibigkeit negativ betroffen. Der Blutdruck ist erhöht und das Risiko für einen Herzinfarkt steigt rasant an.

In den meisten Fällen ist eine frühzeitige Diagnose möglich, sodass die Behandlung des Achard-Thiers-Syndroms schon früh begonnen werden kann. Durch den Diabetes können Nieren, Augen und Füße geschädigt werden. In vielen Fällen führt die Behandlung selbst zu keinen weiteren Komplikationen und kann die Symptome relativ gut einschränken, sodass es zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt. Allerdings ist es nicht immer möglich, der Vermännlichen entgegenzuwirken, sodass es bei vielen Betroffenen zu starken Depressionen kommt.

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Vorbeugung

Da das Achard-Thiers-Syndrom keine eigenständige Krankheit darstellt, sondern im Rahmen beziehungsweise infolge einer Grunderkrankung auftritt, scheint eine spezifische Prävention für dieses Syndrom nur schwer möglich. Im Vordergrund steht die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung, bei der es sich in der Regel um einen Tumor handelt.

Maßnahmen, die Patientinnen selbst ergreifen können, betreffen vor allem die regelmäßige und korrekte Einnahme von Medikamenten sowie das Mitwirken an anderen Behandlungsformen und allgemeine positive Maßnahmen für die Gesundheit, beispielsweise eine ausbalancierte Ernährung.

Nachsorge

Da es sich beim Achard-Thiers-Syndrom um eine erblich bedingte Krankheit handelt, kann diese nicht kausal, sondern nur rein symptomatisch behandelt werden. Aus diesem Grund sind auch die Möglichkeiten der Nachsorge sehr stark eingeschränkt und nur kaum möglich. Auch eine vollständige Heilung des Achard-Thiers-Syndroms wird meistens nicht erreicht.

Da das Achard-Thiers-Syndrom erblich bedingt ist, kann bei einem bestehenden Kinderwunsch eine genetische Beratung sinnvoll sein, um das Weitervererben des Syndroms an die Kinder zu vermeiden. Die Erkrankung wird in den meisten Fällen mit Hilfe von Medikamenten behandelt.

Dabei sollte der Patient auf die regelmäßige Einnahme dieser Medikamente achten, wobei auch Wechselwirkungen mit anderen eingenommenen Medikamenten beachtet werden sollten. Weiterhin muss auch die Schilddrüse des Betroffenen regelmäßig überwacht werden, um eine Fehlfunktion zu vermeiden und weitere Komplikationen auszuschießen. Weiterhin kann das Achard-Thiers-Syndrom auch die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarktes deutlich erhöhen.

Aus diesem Grund sind auch regelmäßige Untersuchungen des Herzens sinnvoll, wobei sich auch eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung sehr positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken kann. Ebenso kann der Kontakt zu anderen Betroffenen des Achard-Thiers-Syndroms wertvolle Informationen bringen, die zu einer Verbesserung des Zustands beitragen können.

Das können Sie selbst tun

Die Symptome des Achard Thiers Syndroms variieren von Patientin zu Patientin sehr stark. Sie hängen auch von der zugrunde liegenden Erkrankung ab. Diese behandeln zu lassen, ist von prädominanter Bedeutung. Während die Grunderkrankung abweichen kann, ist in der Regel eine negative Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes eine Gemeinsamkeit. Der Damenbart ist Teil des Krankheitsbildes.

Dennoch eine positive Grundeinstellung zu bewahren, ist für die erkrankten Frauen wichtig. Eine lebensbejahende Haltung wirkt dem drohenden sozialen Rückzug und Depressionen entgegen. Ein Austausch mit anderen Betroffenen kann ebenfalls therapieunterstützend sein. Offenheit im Umgang mit der Erkrankung, aktive Teilnahme am sozialen und am Familienleben sind Eckpfeiler in der Selbsthilfe. Von ebenso großer Bedeutung ist die lebenslange und disziplinierte Einnahme der verordneten Medikamente. Zusätzlich können auch psychotherapeutische Gespräche einen positiven Effekt haben.

In aller Regel leiden die Achard-Thiers-Patientinnen an einer Diabetes. Die Auswirkungen der Diabetes sind gut beherrschbar, wenn der Lebensstil angepasst wird. Eine Ernährungsumstellung auf eine vollwertige Kost ist sinnvoll, ebenso die Integration von Sport in den Alltag. Da die Patientinnen oft auch unter Fettsucht und Bluthochdruck leiden, ist vor allem regelmäßige Bewegung vorteilhaft. Die optischen Beeinträchtigungen durch die Erkrankung können durch geschickte Kleiderwahl, Haarersatz und speziell erlernte Schminktechniken deutlich verbessert werden.

Quellen

  • Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Usadel, K.-H., Wahl, P.: Diabetologie und Stoffwechsel. In: Bob, A. u. K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009

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