Überaktive Blase (Reizblase)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Problem mit der Blase kennen Millionen Deutsche. Doch was führt zu einer überaktiven Blase, auch Reizblase genannt? Kann man vorbeugend etwas tun? Ein intimes, aber ein wichtiges Thema. Schließlich sind auch immer mehr junge Menschen davon betroffen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Reizblase

Schematische Darstellung zur Anatomie und Aufbau der Harnblase. Klicken, um zu vergrößern.

Man spricht von einer überaktiven Blase (Reizblase), wenn die Funktion der Blase gestört ist. Nicht immer müssen sich dafür körperliche Ursachen finden lassen.

Die Betroffenen haben überdurchschnittlich häufig das Gefühl, ihre Blase sei voll. Dem ist jedoch rein biologisch nicht so. Oft ist trotz stärkstem Harndrang nur wenig Urin in der Blase enthalten. Bei einer Reizblase tritt der Harndrang sehr plötzlich und drängend auf. Mehr als acht Mal innerhalb von 24 Stunden hat man das Gefühl, unbedingt auf die Toilette gehen zu müssen.

Sogar mitten in der Nacht werden die Patienten von ihrer scheinbar gefüllten Blase geweckt. Äußerst unangenehm - aber zum Glück nicht immer gegeben - ist das (nächtliche) Einnässen. Frauen sind häufiger als Männer von einer Reizblase betroffen.

Ursachen

Die Ursachen einer Reizblase sind vielfältig. Schwangerschaften und andere Veränderungen im Hormonstatus (Wechseljahre) führen nicht selten zu einer Reizblase. Allerdings kann auch langes Sitzes auf Steinen oder anderem kalten Untergrund ursächlich sein.

Es ist bekannt, dass Frauen aufgrund verkürzter Harnwege sehr leicht eine Blasenentzündung bekommen. Als Folge dieser Entzündung kann sich dann auch eine Reizblase einstellen. Sind die Beschwerden sehr stark, sollte bei der Suche nach der Ursache auch an einen Tumor oder an einen Fremdkörper gedacht werden.

Bestimmte Medikamente können ebenfalls eine Reizblase auslösen. Doch die Ursachen sind nicht immer körperlicher Natur. Stress im Beruf oder im Privatleben kann bei entsprechend veranlagten Menschen ebenfalls zu einer Reizblase führen. Was bei dem einen zum gereizten Magen führt, schlägt dem anderen auf die Blase.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein typisches Anzeichen für eine Reizblase ist ein geradezu überfallartiger Drang zum Wasserlassen, auch wenn die Blase oft nur zum Teil gefüllt ist. Betroffene spüren dann ohne Vorwarnung ganz plötzlich das Bedürfnis, schnell die nächste Toilette aufsuchen zu müssen. Manche können diesen Drang kaum zurückhalten und es kann Urin abgehen, bevor die Toilette erreicht ist, bei manchen ein paar Tropfen, aber bei manchen auch größere Mengen Urin.

Die meisten Betroffenen müssen auch nachts mehrmals eine Toilette aufsuchen, was die Schlafqualität stören kann. Mediziner sprechen von einer Reizblase oder überaktiven Blase, wenn die Blase häufiger als acht Mal am Tag und zwei Mal pro Nacht entleert werden muss.

Neben dem überfallartigen Harndrang kann es auch zum unwillkürlichen Urinabgang kommen beim Niesen oder körperlichen Anstrengungen wie Heben und Tragen. Diese Form wird von Ärzten als Belastungsinkontinenz bezeichnet. Die Symptome einer Reizblase schränken Betroffene stark ein, weil sie immer das Gefühl haben, sich in der Nähe einer Toilette aufhalten zu müssen. Die Angst vor einem unfreiwilligen Urinverlust kann durch die ständige Anspannung die Symptome noch verstärken und die Lebensqualität insgesamt stark beeinträchtigen.

Krankheitsverlauf

Der Verlauf einer Reizblase lässt sich ohne äußeres Einwirken selten verbessern. Der Schweregrad ist unterschiedlich. Vielen Patienten sind jedoch zwei Dinge gemeinsam:

Sie verspüren oft nur noch wenig Hunger. Auch Bauchschmerzen sind keine Seltenheit. Beim Abgang von Urin tritt ein brennender Schmerz auf. Trotz dieser Zeichen bleiben viele Betroffene mit ihrer Krankheit allein.

Doch Scham sollte nicht dazu führen, den Gang zum Arzt zu scheuen. Im Verlaufe der Krankheit trinken viele Patienten immer weniger. Doch dies führt zu einer immer schwächeren Blase. Am Ende verschlimmert sich nur noch das Krankheitsbild Reizblase.

Komplikationen

Wird eine Reizblase zeitnah adäquat behandelt, ist in aller Regel nicht mit ernsthaften Komplikationen zu rechnen. Vielen Betroffenen ist dieses Leiden aber immer noch peinlich oder wird anfänglich nicht ernst genommen. In diesen Fall kann die Blasenreizung schwerer verlaufen, als bei zeitnaher Therapie. Zum einen können die Schmerzen beim Wasserlassen, die anfänglich meist nur leicht sind, an Intensität gewinnen und für den Betroffenen unerträglich werden.

Als Reaktion auf dieses Symptom reduzieren die Patienten ihre Flüssigkeitszufuhr oftmals drastisch, was die Grunderkrankung aber nur verschlimmert und zu Kreislaufproblemen und einer Reihe von Folgeerkrankungen führen kann. Wird die Störung nicht unverzüglich professionell behandelt, steigt darüber hinaus dass Risiko, dass die Störung chronisch wird. Bei einem chronischen Verlauf stellt sich oftmals auch eine Harninkontinenz ein. Außerdem steigt das Risiko eine funktionelle Schrumpfblase zu entwickeln.

Neben körperlichen Symptomen ist gerade bei einer chronischen Reizblase mit Komplikationen zu rechnen, die psychischer oder sozialer Natur sind. Da die Betroffenen die Kontrolle über ihre Blase verloren haben, vermeiden sie Situationen, in denen sie nicht jederzeit eine Toilette aufsuchen können. Die Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln, die Teilnahmen an Betriebs- oder Vereinsausflügen sowie der Besuch eines Theaters oder eines Kinos wird von den Betroffenen dann als Stresssituation wahrgenommen, die sie lieber vermeiden. Dauerhaft kann diese zur sozialen Isolation führen, die wiederum ernsthafte psychische Erkrankungen, insbesondere eine Depression, bedingen kann.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Veränderungen und Auffälligkeiten des Toilettenganges, sollten grundsätzlich weiter beobachtet werden. Halten die Beschwerden über eine längere Zeit an oder zeigt sich eine zunehmende Intensität, ist die Abklärung der Symptome von einem Arzt anzuraten. Wird die Toilette ungewöhnlich häufig aufgesucht und kommt es zu einer inneren Unruhe oder Gereiztheit, besteht Handlungsbedarf. Häufiges Wasserlassen kann als Warnsignal des Organismus gedeutet werden. Entsteht ein Druckgefühl in der Blase bereits bei der Aufnahme von geringen Mengen an Flüssigkeit, sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen.

Entwickelt sich bereits kurz nach einem Toilettengang das erneute Bedürfnis zu urinieren, gilt dies als besorgniserregend. Für eine Diagnosestellung ist ein Arztbesuch erforderlich. Bei anhaltendem Stress, einer Phase der emotionalen Belastung sowie einem allgemeinen Unwohlsein, sollte die Rücksprache mit einem Arzt gesucht werden. Kommt es zu Schlafstörungen, einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit oder können die alltäglichen Verpflichtungen aufgrund der Störungen nicht ausreichend wahrgenommen werden, wird ein Arzt benötigt. Bei einer Inkontinenz, Gefühlen der Scham oder emotionalen Unregelmäßigkeiten ist die Konsultation eines Arztes anzuraten. Entwickeln sich soziale Probleme oder können freizeitliche Aktivitäten durch die Beschwerden nicht wahrgenommen werden, ist ein Arzt aufzusuchen.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung der überaktiven Blase kann mit Medikamenten erfolgen. Es ist empfehlenswert, einen Arzt aufzusuchen, der sich mit alternativen Behandlungsmethoden auskennt. Eine Reizblase lässt sich nämlich sehr gut mit pflanzlichen Medikamenten behandeln. Sie enthalten nicht selten Bestandteile von Brennnessel oder Kürbis und sind auch für empfindliche Menschen sehr gut verträglich.

Gezieltes Training der Muskeln im Beckenboden können die Blase kräftigen. Auf keinen Fall sollte man den Fehler begehen und weniger trinken. Das ist ein Irrtum. Denn die Reizblase zeigt sich bereits bei sehr geringen Urinmengen. Und ohne genügend Flüssigkeit besteht die Gefahr, dass weitere Funktionen ausfallen. Im schlimmsten Fall kann der Körper austrocknen.

Lassen sich keine körperlichen Ursachen für die Reizblase finden, hilft es nur, im Leben kürzer zu treten und den Stressauslöser zu finden. Bei größeren Problemen kann der Gang zum Psychologen hilfreich sein. Manchmal helfen schon wenige Gespräche. Tabu sollten bei einer Reizblase nach Möglichkeit sein: Kaffee, Alkohol und Zigaretten.


Vorbeugung

Viele Menschen fragen sich aus Angst vor einer Reizblase: Was kann ich vorbeugend tun? Noch immer gilt der Rat unserer Großmütter: Nicht auf kalte Böden setzen! Blasenentzündungen und später die Reizblase lassen sich somit vermeiden.

Gegen hormonelle Störungen aufgrund von Schwangerschaft und Wechseljahren ist natürlich nichts zu machen. Aber gerade in unserer schnelllebigen Zeit gilt: Lieber einmal mehr durchatmen und sich nicht von (scheinbaren) Problemen stressen lassen! Der eigene Körper (die Blase) wird es danken. Die Reizblase tritt nicht (mehr) auf.

Das können Sie selbst tun

Möglichkeiten zur Selbsthilfe bei einer überaktiven Blase gibt es mehrere. Es ist allerdings anzumerken, dass nicht alle Maßnahmen bei allen Menschen gleich gut wirken. Dies ist damit zu begründen, dass die Ursachen für die Reizblase so divers sein können.

So können Betroffene vor allem ein Blasen- und Kontinenztraining durchführen. Dieses besteht im Wesentlichen aus dem Trinken größerer Mengen Wasser. Die Trinkmenge sollte hierfür Stück für Stück gesteigert werden, sodass die Blase sich ausdehnen kann. Allein dies kann den Harndrang bereits reduzieren. Zusätzlich sollten Betroffene die Zeiten zwischen den Toilettengängen willentlich verlängern und so das Halten von Urin trainieren. Wichtig ist, dass der Harn solange gehalten wird, bis der Betroffene wirklich sehr dringend auf die Toilette muss. Entsprechend sollte das Kontinenztraining in Reichweite einer Toilette durchgeführt werden.

Harntreibende Nahrungsmittel und Getränke sollten gemieden werden. Darunter fallen insbesondere Kaffee, schwarzer Tee, alkoholische Getränke und Brennnesseln. Das Rauchen zu reduzieren oder aufzugeben, kann eine gereizte Blase beruhigen.

Ist der Drang zu urinieren vor allem psychisch induziert, können Betroffene im Alltag Ablenkungsstrategien entwickeln. Tritt eine Situation auf, die zu einem plötzlichen Harndrang führt, kann beispielsweise innerlich gezählt oder ein Gedicht rezitiert werden. Die Fokussierung auf einen Gedanken kann den Stress reduzieren und die Blase entspannen. Bei Schmerzen und Krämpfen in diesem Zusammenhang helfen heiße Wickel, scharfe Salben (beispielsweise mit Minze) und warme Bäder.

Quellen

  • Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
  • Hautmann, R.: Urologie. Springer, Berlin Heidelberg 2014

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